Tomaso Albinoni (1671–1750/51) Sonaten
aus „Sonate a tre op. 1“ herausgegeben von Martin Lutz [2Vl,Vc,Bc]
Aus einem mitreißenden, klangschönen Debütwerk
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Tomaso Albinonis Triosonaten op. 1 waren schon zu ihrer Entstehungszeit außerordentlich beliebt, wie die zahlreichen Nachdrucke und letztlich auch Johann Sebastian Bachs Verwendung in den Cembalofugen BWV 946, 950 und 951 zeigen. Die Quellenlage lässt für eine fundierte Ausgabe nichts zu wünschen übrig: die Stimmbücher des Erstdrucks von 1694 sind eine sichere Grundlage, auf deren Basis Martin Lutz im Vergleich mit anderen überlieferten Quellen einen zuverlässigen Notentext erarbeitet hat.
„Die Werke leben nicht nur von den kompakten, mit einem beweglichen Generalbass versehenen und die Virtuosität nicht in den Vordergrund spielenden schnellen Sätzen, sondern von den klar konturierten Grave-Abschnitten, die die gesanglichen Qualitäten von Albinonis Musik aufs Beste illustrieren.“(Mathias Nofze, Das Orchester)
„The present edition meets the needs of less experienced performers, since a continuo realization is included.“ (Andrew Woolley, The Consort)
Nachdem 1681 der junge Corelli mit einer Sammlung von Triosonaten als seinem op. 1 an die Öffentlichkeit getreten war, scheint die durch diese Veröffentlichung klassisch gewordene viersätzige Form der Sonata da chiesa für jeden Komponisten in den Folgejahren die Herausforderung gewesen zu sein, an der man sich mit dem eigenen op. 1 zu messen hatte. So befindet sich das op. 1 von Tomaso Albinoni (Venedig: Sala 1694) in bester Umgebung, waren doch „Suonate a tre, opera prima“ 1686 von Torelli, 1692 von Veracini, 1693 von Caldara sowie solche von Vitali im Druck erschienen, denen u. a. 1701 solche von Gentili, 1705 von Vivaldi und 1709 von Reali folgen sollten. Sie alle erschienen in Venedig als der zu dieser Zeit führenden Stadt des Musikdruckes.
Albinonis erste zwölf Sonaten genossen seinerzeit weite Verbreitung. Dafür sprechen einerseits weitere Ausgaben in Amsterdam (Raubdruck 1698) und eine weitere Auflage 1704 bei Sala, nicht zuletzt aber die Verwendung von drei Fugenthemen (aus den zweiten Sätzen der dritten, achten und zwölften Sonate) durch keinen Geringeren als Johann Sebastian Bach, der in den Cembalofugen BWV 946, 950 und 951 das wahre Potential dieser Themen darzustellen wusste. Albinonis fugierte Sätze zeigen ja viel mehr sein Interesse am Melodischen als an kontrapunktischen Künsten, sodass eine Kennerin wie Eleonor Selfridge-Field 1975 von „verwässertem Fugenkonzept“ spricht.
Doch zeigen diese durchaus dem viersätzigen, von Corelli geprägten Satzschema verpflichteten Sonaten mitreißende und hochwirksame schnelle sowie harmonisch ausgesprochen raffinierte, klangschöne langsame Sätze (wie die Gesamteinspielung des Ensembles „Parnassi musici“ bei cpo eindrucksvoll belegt). Umso erstaunlicher ist es, dass bislang noch keine Gesamtedition des op. 1 vorliegt und keineswegs alle der vor Jahrzehnten erschienenen Ausgaben einzelner Sonaten noch erhältlich sind.
Die ersten beiden Hefte unserer Gesamtedition von Albinonis op. 1 folgten dem Erstdruck (Giuseppe Sala, Venedig 1694; zweite unveränderte Auflage: 1704). Für das dritte und vierte Heft konnten zwei weitere Quellen zu Rate gezogen werden: die bei Estienne Roger (Amsterdam um 1710) erschienenen Stimmhefte sowie handschriftliche Stimmhefte aus dem Bestand der sächsischen Hofkapelle (Schranck No: II, 1. Fach 2. Lage, heute in der Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden).
Der Vergleich der Quellen zeigt, dass Roger dem venezianischen Erstdruck folgt (einige charakteristische Druckfehler werden übernommen). Ähnliches gilt für die Dresdner Stimmen. Während der Druck von 1694 noch mit beweglichen Lettern ausgeführt ist und daher kein „Verbalken“ von Notengruppen kennt, setzen sowohl der in Kupfer gestochene Amsterdamer Druck sowie die Dresdner Handschrift Balken. Dies geschieht jedoch in sich inkonsequent. Daher setzt unsere Neuedition Balken nach heute üblichem Gebrauch.
Unsere Edition gibt grundsätzlich die Bezifferung des Erstdrucks wieder. Einzelne verrutschte Generalbass-Ziffern wurden stillschweigend korrigiert. Der Erstdruck (und ihm folgend die späteren Quellen) geht davon aus, dass der Continuospieler die aus dem Kontext ersichtlichen Akzidentien ergänzt. Dasselbe gilt häufig für Sextakkorde. Die Aussetzung berücksichtigt dies. Einige Male weicht die Bezifferung von der in den Violinen erklingenden Harmonie ab – hier folgen wir dennoch der Quelle; die Aussetzung dagegen gibt die korrekte Harmonie wieder.
Im Bewusstsein, dass eine schriftliche Fixierung („Aussetzung“) des Basso continuo (welcher ja eine zutiefst improvisatorisch-spielerische Kunstform ist) eigentlich höchst widersinnig und auf den Spieler sogar eher einschränkend ist im Sinne eines „das Gedruckte ist in dieser Form zu spielen“, soll hier aber doch dem im bezifferten Bass weniger erfahrenen Spieler eine leicht erfassbare Vorstellung des harmonischen Geschehens gegeben werden. Dies mag dann als Grundlage für eine eigene Ausgestaltung dienen, welche sensibel-fantasievoll auf die Paradigmen Instrument (Orgel bzw. Cembalo), Raum und Spielweise der Streicher reagieren kann.
Wiesbaden, Frühjahr 2011