Helmut Lachenmann (*1935) Streichquartett Nr. 2 „Reigen seliger Geister“
[2Vl,Va,Vc] 1989 Dauer: 28'
Partitur und Stimmen mit Particell
Uraufführung: Genf/Schweiz, 28. September 1989
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„Reigen seliger Geister“ – Wahrnehmungsspiel: Töne „aus der Luft gegriffen“ „Luft“ aus den Tönen gegriffen. Nach dem Abenteuer in meinem ersten Streichquartett Gran Torso mit exterritorialen Spielformen am Instrument – heute längst von anderen touristisch erschlossen – hier der Rückgriff auf Intervallkonstellationen („Text“) als „Fassade“, als „Vorwand“ („prétexte“), um bei deren Realisation die natürlichen akustischen Ränder des hervorgebrachten Tones, seiner timbrischen Artikulation, seiner Dämpfung, beim Verklingen, beim Stoppen der schwingenden Saiten (zum Beispiel auch die Veränderung des Geräuschanteils beim Wandern des Bogens zwischen Ponticello und Tasto) durch die „tote“ Tonstruktur hindurch zum lebendig gemachten Gegenstand der Erfahrung zu machen.
So wurden spieltechnisch bestimmte Aktionsfelder inszeniert, verwandelt, verlagert, verlassen, verbunden. Das Pianissimo als Raum für ein vielfaches Fortissimo possibile der unterdrückten Zwischenwerte: Figuren, die mit verlagertem Bogenstrich im tonlosen Rauschen verschwinden oder auftauchen, das Pizzicato-Gemisch, das trotz seines flüchtigen Verklingens dennoch vorzeitig teilweise gedämpft, „ausgefiltert“ wird. Wenn man so will: ein Plädoyer der Phantasie für des Kaisers neue Kleider.
(Helmut Lachenmann, 1989)
Die Partitur enthält auf den unteren Systemen eine Particell-Notation. Diese Zusammenfassung ist auch im Stimmenmaterial enthalten, mit dem das komplexe Werk erstmals aufführungspraktisch erheblich leichter zugänglich gemacht wird, als dies zuvor in der Faksimilenotation der Fall war.
CDs:
Arditti-Quartett
CD Montaigne Auvidis MO 782019
Arditti-Quartett
CD Wittener Tage für neue Kammermusik 1990
Quatuor Diotima
CD assai 222.492
Arditti String Quartet
CD KAIROS, 0012662KAI
stadler quartett
CD NEOS 10806
The JACK Quartet
CD mode 267
Stadler Quartett, Rg. Caroline Siegers
DVD NEOS 51001
Bibliografie:
Alberman, David: Abnormal Playing Techniques in the String Quartets of Helmut Lachenmann, in: Helmut Lachenmann – Music with matches, hrsg. von Dan Albertson, Contemporary Music Review 24 (2005), Vol. 1, S. 39-51.
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Egger, Elisabeth: Kontinuität, Verdichtung, Synchronizität. Zu den großformalen Funktionen des gepressten Bogenstrichs in Helmut Lachenmanns Streichquartetten, in: Musik als Wahrnehmungskunst. Untersuchungen zu Kompositionsmethodik und Hörästhetik bei Helmut Lachenmann, hrsg. von Christian Utz und Clemens Gadenstätter (= musik.theorien der gegenwart 2), Saarbrücken: Pfau 2008, S. 155-171.
Gratzer, Wolfgang: „Wie es gemeint ist“. Helmut Lachenmanns Beiträge zum Verständnis seiner Musik, in: Helmut Lachenmann: Musik mit Bildern? Hrsg. von Matteo Nanni und Matthias Schmidt (= eikones, hrsg. von Nationalen Forschungsschwerpunkt Bildkritik an der Universität Basel), München: Wilhelm Fink 2012, S. 96-114.
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Kleinrath, Dieter: Fraktalklang. (Selbst)ähnliche Formstrukturen in Helmut Lachenmanns Zweitem Streichquartett „Reigen seliger Geister“, in: Musik als Wahrnehmungskunst. Untersuchungen zu Kompositionsmethodik und Hörästhetik bei Helmut Lachenmann, hrsg. von Christian Utz und Clemens Gadenstätter (= musik.theorien der gegenwart 2), Saarbrücken: Pfau 2008, S. 173-192.
Kuhn, Hans Niklas: Helmut Lachenmann. „Reigen seliger Geister“, in: Lucerne Festival, Sommer 2005 „Neuland“, Konzertprogramm 7, S. 17-19.
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Mosch, Ulrich: Kunst als Medium der Ungeborgenheit. Streichquartette und soziale Funktion des Komponierens bei Helmut Lachenmann, in: Positionen 81 (November 2009), S. 37-39.
Interview mit Helmut Lachenmann (von Tobias Rempe), in: auge. Programmheft des Ensemble Resonanz zu den Konzerten am 17. und 18. September 2019, S. 15-18
Rösler, Manuel: Helmut Lachenmann. 2. Streichquartett – Reigen seliger Geister, in: Ensemble, 2011, Heft 6, S. 74f.
Stork, Astrid: Materialbegriff und Strukturdenken. Untersuchungen zu den Streichquartetten von Helmut Lachenmann, Magisterarbeit Ruhr-Universität Bochum 1992.