Adriana Hölszky (*1953) Die Wände
Musiktheater in 3 Akten 1993/94 Dauer: 90' Text: Theodor Körner
18 Sänger – Chor(36) – Picc.0.0.0.B-Klar.Kb-Klar.0. – 1.1.3.0(Euph) – Schl(6) – Cimb – Akk – Vl.Kb – Tb
Uraufführung: Wien (Wiener Festwochen), 20. Mai 1995
Libretto: Thomas Körner nach dem Schauspiel „Les Paravents“ von Jean Genet
Ort und Zeit: Algerien, kurz vor Ausbruch des Befreiungskrieges 1954, der 1962 zur Unabhängigkeit führte
Personen: Die Mutter (Sopran) - Said, ihr Sohn (Tenor) - Leila, seine Frau (Sopran) - Kadidja, arabisches Klageweib, die „erste Dame“ des Dorfes (Mezzo-sopran) - Ommou (Alt) - Nedima (Soubrette) - Habiba (Mezzosopran) - Chiga (Sopran), arabische Klageweiber - Warda, eine Art Fürstin der Huren (Alt) - Malika, Hure (Soubrette) - Sir Harold, französischer Kolonialist (Bariton) - M. Blankensee, französischer Kolonialist (Tenor) - Mme. Blankensee, (Mezzosopran) - Schauspieler (Sprech- und stumme Rollen)
Außer den Hauptrollen (Mutter, Said, Leila, Ommou, Kadidja, Warda) übernehmen die Sänger mehrere Rollen (auch Sprechrollen).
Die Unzufriedenheit der Araber über die französische Kolonialmacht wächst, erste Rebellionen flammen auf. Vor diesem Hintergrund spielt sich das Schicksal der Familie Brennessel ab: Said und seine Mutter sind so arm, dass er nur die häßlichste Frau des Landes, Leila, heiraten kann, die ihm jedoch bedingungslos ergeben ist. Doch mit der Heirat verschlechtert sich Saids Lage noch mehr: seine Mutter keift und drangsaliert Leila, Said wird von seinen Arbeitskollegen wegen seiner häßlichen Frau verspottet. Er träumt davon, nach Frankreich überzusiedeln, um mehr Geld verdienen zu können. Wegen Diebstahls landet Said im Gefängnis, worauf seine Mutter aus dem Kreis der Klageweiber ausgestoßen wird. Um ihrem Mann im Gefängnis nahe sein zu können, wird Leila absichtlich zur Diebin. Parallel unterhalten sich die französischen Kolonialherren Sir Harold und Sir Blankensee angeregt über ihr Gärtnerhobby, ahnungslos, dass sich der Beginn der arabischen Revolution zusammenbraut. Schließlich mündet das Libretto in ein Spiel auf drei Ebenen: 1. Said und Leila im Gefängnis, 2. Französischer Militäraufmarsch, 3. Madame Blankensee beendet ihre langweilige Ehe durch einen gezielten Schuß. Die Revolution fordert auf beiden Seiten erhebliche Opfer. Diese finden sich im Totenreich wieder und fragen sich: „Warum das ganze Theater?“ Said wird schließlich von seinen Landsleuten erschossen. Sein Wunsch, nach Frankreich auszuwandern, hatte ihn unter seinesgleichen zum Verräter gemacht.
Bibliografie:
Baier, Christian und Klaus-Peter Kehr: Utopie, Brechung, Oper. Adriana Hölszky im Gespräch, in: Programmheft „Die Wände“, Wien 1995, S. 17-20.
Houben, Eva Maria: Klangmembranen. Anmerkungen zu den Bildern für Stimmen und Zuspielband in Adriana Hölszkys Oper „Die Wände“ nach dem Schauspiel „Les Paravents“ von Jean Genet, in: Adriana Hölszky, hrsg. von Eva-Maria Houben, Saarbrücken 2000, S. 55-68.
Kostakeva, Maria: Metamorphose und Eruption. Annäherung an die Klangwelten Adriana Hölszkys, Hofheim: wolke 2013 (S. 160-175).
Petersen, Peter: Adriana Hölszkys „Opern“. Theatrale Musiksprache und vokal-instrumentales Theater, in: Von der Zukunft einer unmöglichen Kunst. 21 Perspektiven zum Musiktheater, hrsg. von Bettina Knauer und Peter Krause, Bielefeld: Aisthesis 2006, S. 85-108.
ders.: Adriana Hölszkys „Opern“. Theatrale Musiksprache und vokal-instrumentales Theater, in: Ankommen: Gehen. Adriana Hölszkys Textkompositionen, hrsg. von Wolfgang Gratzer und Jörn Peter Hiekel, Mainz: Schott 2007, S. 29-43.
Steimel, Olivia: Zum Einsatz des Akkordeons als Orchesterinstrument im modernen Musiktheater, gezeigt an den folgenden Werken: „Adriana Hölszky: Die Wände (1993-94)“, „Hans Zender: Chief Joseph (2003)“, „José M. Sánchez-Verdú: GRAMMA – Gärten der Schrift (2004-06)“, Diplomarbeit an der Hochschule für Musik Würzburg 2012.
Die Wände [Fotodokumentation der Frankfurter Inszenierung 2000], in: rosalie Lichtkunst. light art. the universal theater of light, hrsg. von Peter Weibel, Zürich: Scheidegger & Spiess 2010, S. 336-339.
Zenck , Martin: Pierre Boulez – Adriana Hölszky. Jean Genets Dramen „Les nègres“ und „Les paravants“ im europäischen Musiktheater, in: Ankommen: Gehen. Adriana Hölszkys Textkompositionen, hrsg. von Wolfgang Gratzer und Jörn Peter Hiekel, Mainz: Schott 2007, S. 45-56.
ders.: Ordnungen des Unsichtbaren / Hörbaren und des Sichtbaren / Unhörbaren. Zu Adriana Hölszkys musiktheatralen Werken „Tragödia“. „Der unsichtbare Raum“ und „Die Wände“ nach Jean Genet, in: Adriana Hölszky, hrsg. von Ulrich Tadday (Musik-Konzepte, Neue Folge Heft 160/161), München: edition text+kritik 2013, S. 107-127.