Der Triumph der Sanftmut

Das berühmteste Wunder, das der heiligen Agatha zugeschrieben wird, war die Rettung Catanias vor einem Ausbruch des Ätna am 1. Februar 252: Die Lava drohte, die Stadt unter sich zu begraben, hielt aber vor einer Gruppe von Gläubigen, die in einer Prozession den Schleier trugen, in den der Körper der jungen Agatha, die von den Römern gefoltert und getötet worden war, eingewickelt war.
Wenn ich an diese Geste zurückdenke, an die Sanftheit, vor der ein ausbrechender Krater mit seiner Zerstörungswut halt macht, kommen mir 'Imaginäre Vulkane' in den Sinn. In meiner Vorstellung sind sie freundliche, sanfte Erscheinungen. In Wirklichkeit sind sie Formen der Schönheit.
Wie die Titel der einzelnen Sätze andeuten, handelt es sich bei ihnen um „Colate di stelle“ („Ströme von Sternen“), leuchtend und unaufdringlich; sie äußern sich in „Boati soffici“ („Sanftem Grollen“), das den Ohren schmeichelt und sofort zu Musik wird; sie tauchen aus dem Boden in „Piccoli crateri urbani“ („Kleinen städtischen Kratern“) auf, die man sich als Brunnen inmitten von Parks und Gärten vorstellen kann; und sie produzieren „Lapilli artigianali“ („handgefertigte Lapilli“), gedreht und poliert, prächtig anzusehen und völlig unaufdringlich.
Dieses Stück ist meinem Sohn Martino gewidmet, der am selben Tag zwölf Jahre alt wurde, an dem das teatro Bellini in Catania mir den Auftrag für diese Partitur gegeben hat, und der – auf seine ganz eigene Weise – ebenfalls ein imaginärer Vulkan ist, überraschend und sanft.

(Nicola Campogrande, September 2024)