Nicola Campogrande (*1969) Sinfonia n. 2 „Un mondo nuovo“
[Mez,Orch] 2022 Dauer: 17' Text: Piero Bodrato
Solo: Mez – 2.2.2.2 – 2.2.0.0 – Schl – Str
Uraufführung: Rom/Italien, Teatro Palladium, 30. September 2022
Eine Symphonie, einem Europa zu Kriegszeiten gewidmet
Als Mensch und als Musiker fühlte ich mich in diesen Kriegszeiten hilflos. Ich hatte den Eindruck, das Drama, das wir kollektiv erleben, nicht aufhalten zu können, bis ich mir sagte: Ein Komponist hat die Sensibilität und die Möglichkeiten, künstlerisch zu reflektieren, was in der Welt passiert, und er hat die moralische Pflicht, nach vorne zu schauen. So ist letzten April die Idee entstanden, meine Symphonie Nr. 2, „Eine neue Welt“, zu schreiben: Ich wollte versuchen, eine musikalische Antwort auf die Angst zu geben, die in diesen Monaten unseren Kontinent durchzieht und die tausendjährige Zivilisation bedroht, die wir über Jahrhunderte geschaffen, bewahrt und erneuert haben.
Es schien mir wichtig, dies sofort zu tun, jetzt, ohne auf Reflektion und Klärung oder eine lange Zeit der Geschichte zu warten. Dazu gehörte ein gewisses Maß an Mut, vielleicht sogar Dreistigkeit; aber — und das hat mich getröstet — es gab vom ersten Tag an auch das Bewusstsein, dass ich nicht allein bin, denn Musikerkollegen aus vielen Ländern (Spanien, Frankreich, Deutschland, Polen, Litauen, Italien) haben sofort den Geist und den Sinn des Projektes mit mir geteilt, mich unterstützt und gedrängt, weiterzumachen. Auf diese Weise war die Partitur innerhalb von eineinhalb Monaten fertiggestellt.
Damit meine Idee klar und einleuchtend ist, habe ich meinen Librettisten Piero Bodrato gebeten, sich einen Text für den letzten Satz auszudenken: Ich wollte, dass die Stimme eines Mezzosoprans über unsere Menschlichkeit singt, über die Schönheit singt, den Atem, das Leben. Und er hat wundervolle Worte geschrieben, die den Akt des Singens selbst feiern, das Singen als eine menschliche Tätigkeit, die in jedem Volk, in jeder Zivilisation verbreitet ist und Dingen zur Existenz verhelfen kann, die es einen Moment zuvor noch nicht gab. Deshalb haben wir „Eine neue Welt“ als Ausdruck gewählt, der als Titel auf der Partitur erscheinen sollte: Unsere Worte sind wirklich die des Vertrauens in eine Welt, in der heute Angst herrscht, Worte für eine neue Welt, in der zu leben wir uns vorstellen wollen, eine Welt, die die Musik uns einmal mehr verspricht.
(Nicola Campogrande, 1. Juni 2022)