Christian Mason (*1984) Eternity in an hour
[Orch] 2019 Dauer: 16'
2(Picc).2.2.2 – 4.2(Picc-Trp).3.1 – Pk – Cel – Str
Uraufführung: Wien, 27. April 2019
Eternity in an Hour ist der zweite Teil meines Orchesterzyklus Time and Eternity. Wie der Titel (der einer Zeile aus William Blakes Auguries of Innocence entnommen ist) bereits andeutet, bin ich an der paradoxen Möglichkeit interessiert, dass „Ewigkeit“ – ein aussergewöhnlicher Zustand von „Nicht-Zeit“ – existieren und manchmal plötzlich aus dem Fluss der Zeit, der unsere gewöhnliche Erfahrung des Seins definiert, erscheinen könnte. Ich denke, das hat William Blake gemeint, als er geschrieben hat:
To see a World in a Grain of Sand
And a Heaven in a Wild Flower
Hold Infinity in the palm of your hand
And Eternity in an hour
(Eine Welt in einem Sandkorn zu sehen
Und den Himmel in einer Wildblume
Die Unendlichkeit in deiner Hand zu halten
Und die Ewigkeit in einer Stunde)
Die Unermesslichkeit, die im Kleinsten enthalten ist, das Hervorgehen des Besonderen aus dem Gewöhnlichen, die Transzendenz des Alltäglichen: Jede Zeile vermittelt die potentielle Ekstase einer veränderten Wahrnehmung. Manchmal kann auch Musik diese Erfahrung bieten, allerdings kann man das nicht willkürlich in ein Musikstück einbauen. Denn eine solche Verschiebung der Wahrnehmung hängt – so denke ich – mehr an der Verfassung des Erfahrenden als an den objektiven Qualitäten des zu erfahrenden Objektes. Es kann geschehen, muss aber nicht. So wie man einen Eisvogel entdecken kann, wenn man an einem Fluss entlang läuft. Der andere Aspekt des Stückes ist existenzieller. Die andere Seite der Medaille, nehme ich an. Ich habe einige Zeit lang mit dem Schriftsteller Chris Goode an einer möglichen Oper gearbeitet. Das Libretto sollte auf aufgezeichnetem Material basieren, auf Interviews mit Menschen über ihre Gedanken und Gefühle, ihre Hoffnungen, Träume und Ängste. Ich habe eine Reihe von Szenen komponiert (für ein Trio von Trios: drei Stimmen, drei Schauspieler und ein kleines Ensemble aus Flöte, Tuba und Cello) und im Juni 2017 trafen wir uns zu einigen ersten Workshops im Coronet Theater, Notting Hill. Schließlich gelangten wir zu der Entscheidung, das Material nicht weiterzuverfolgen. Dennoch sind mir einige Szenen im Kopf geblieben und ich habe beschlossen, sie zu bearbeiten. Der Chor At the end of the day wurde zu den Sätzen II und IV, während die Sopranarie The omnipotent God zum V. Satz wurde. Obwohl die neuen Instrumentationen ohne Sänger auskommen, schweben immer noch die Geister der Worte hinter der Musik.
At the end of the day [ursprünglicher Text für die Sätze II and IV]
it is what it is
at the end of the day
it is what it is
and there’s just no changing it
unless God can change them
angry’s not going to change it
Who am I going to be angry at?
At the end of the day
who?
(Am Ende des Tages
Es ist, was es ist
Am Ende des Tages
Es ist, was es ist
und nicht zu ändern
Wenn Gott sie nicht ändert
Wird Wut es nicht ändern
Auf wen kann ich wütend sein?
Am Ende des Tages
Auf wen?)
The omnipotent God [ursprünglicher Text für Satz V]
all the stuff they tell you at school
I mean the thing about the omnipotent God
the one that watches you whatever you do
I had in my mind translated um as a child into
that there is kind of people with cameras in
in the walls everywhere
and that you’re constantly sort of on record and constantly on film.
By the time I I was a teenager,
I found that quite oppressive!
I think that was the thing that really made me question it.
You know, is this really
Constantly feeling sc-...
Under scrutiny as it were.
(Der allmächtige Gott
Das ganze Zeug, das sie dir in der Schule erzählen
Das über den allmächtigen Gott meine ich
Den, der alles beobachtet, was du tust
Ich habe meine Gedanken ehm als Kind so übersetzt,
dass es Leute mit Kameras
überall in den Wänden gibt
und dass ich sozusagen ständig aufgenommen werde und auf Film bin.
Als ich ein Teenager war,
fand ich das ziemlich unterdrückend!
Ich denke, das hat mich schließlich all das in Frage stellen lassen.
Weißt du, ist das wirklich
ständig das Gefühl zu haben be- …
Unter Beobachtung sozusagen.)
1. Satz I |
2. Satz II Existential Interlude (1): „It is what it is ...“ |
3. Satz III |
4. Satz IV Existential Interlude (2): „... at the end of the day“ |
5. Satz V „the omnipotent God“ |