Theo Brandmüller (1948–2012) Cis-Cantus III
Lorca-Kathedralen [Orch] 1987 Dauer: 15'
2(Picc).2(Eh).2.B-Klar.2(Kfg) – 4.3.3.0. – Cemb/Cel – Pk.Schl(2) – Str: 12.12.8.8.6.
UA: Saarbrücken, 27. November 1987
Notizen des Komponisten:
Bloße Jubiläumsstücke als Selbstzweck zu komponieren, dürfte weder Auftraggeber wie Auftrag(an)nehmer sonderlich interessieren. So entschloß ich mich, „durch die Maske eines wahrlich nicht bequemen Dichters“ hindurchzuleuchten, ihn gewissermaßen musikalisch zum Sprechen (und Singen) zu bewegen, ihn zu „feiern“, den größten zeitgenössischen Dichter Spaniens: Federico Garcia Lorca. Der Doppeltitel Cis-Cantus „Lorca-Kathedralen“ weist - wie häufig in meinem Oeuvre - zum einen auf den Materialbestand hin, nämlich zu Gestalt werdender „Cis-Gesang“ zu werden, zum andern auf die Aussagediktion, eine Art „Dichterporträt“ zu sein, klanggespiegelt in symbolträchtiger Instrumentation und Form: Ein Kosmos aus Klang und Melos, dessen Assoziationsvielfalt erlauben würde, Gräber der Toten, aber auch an „Auferstehung“ mythisch-kultischer Ideale zu glauben.
Fossile Xylophon-Passagen vermitteln - ebenso wie Röhrenglokkenklänge als „Echo“ - eine Art dezentes Kolorit, eingebettet als „Cante jondo“ in einem immer dichter werdenden quint-durch tränkten „Kosmischen Gesamt¬klang“, zu denen sich aus Einzelpunkten herleitende, hymnisch-anmutende Blechklang-Fanfaren einfinden, die die fast körperliche Wiederpräsenz des Dichters herbeisehnen.
Federico Garcia Lorcas Tod, vollzogen durch Falangisten im spanischen Bürgerkrieg, ist sehr bekannt geworden und hat die Welt erschüttert. Und dennoch: Er singt weiter seine Lieder.