Ludwig van Beethoven (1770–1827) Leonore op. 72a
Oper in 3 Aufzügen / Urfassung des „Fidelio“ 1805 Text: Joseph Sonnleithner und Georg Friedrich Treitschke
Soli: 2SprSSTTBarBarB – Chor: SATTBB – 2(Picc).2.2.2.Kfg – 4.2.3.0. – Pk – Str – BM: Trp
Eine CD-Einspielung der Urfassung von 1805 unter der Leitung von René Jacobs ist beim Label harmonia mundi erschienen.
Personen: DON FERNANDO (Bariton) – DON PIZARRO (Bariton) – FLORESTAN (Tenor) – LEONORE (Sopran) – ROCCO (Bass) – MARZELLINE (Sopran) – JAQUINO (Tenor) – 1. GEFANGENER (Tenor) – 2. GEFANGENER (Bass)
Zwei Jahre begeisterter Arbeit hatte Beethoven in seine Oper investiert, die 1805 am Theater an der Wien uraufgeführt wurde. Leider nicht mit dem gewünschten Erfolg: am Abend der Premiere war kaum deutschsprachiges Publikum anwesend, da der Großteil des Wiener Adels auf Grund der einmarschierenden Truppen Napoleons die Stadt verlassen hatte.
Der überwiegende Teil des Publikums bestand aus französischen Soldaten. Zusätzlich waren Orchester und Sänger den musikalischen Herausforderungen der Oper nicht gewachsen, so dass sich der Abend für das Publikum als sehr schleppend und zäh gestaltete. In der Folge überarbeitete Beethoven seine Oper mehrfach, bis sie 1814 als Fidelio erneut zur Aufführung kam. Doch wo liegen die größten Unterschiede zwischen den beiden Fassungen? Zunächst einmal wurden die vorgesehenen drei Akte auf zwei zusammengekürzt. Ganze Arien fielen dieser Kürzung zum Opfer, aber auch lange Passagen innerhalb einzelner Nummern.
Mit der Kürzung auf zwei Akte veränderte sich auch die Dramaturgie des Werkes: die Leonore von 1805 besteht aus drei Akten. Jeder dieser Akte folgt einer eigenen Dramaturgie und kann nach einer Hauptfigur benannt werden. Im ersten Akt spielt Marzelline die Hauptfigur und wird im zweiten Akt von Leonore abgelöst, deren große Arie in der Urfassung deutlich länger ist als im Fidelio und reich an Koloraturen. Im tragischen dritten Akt spielt Florestan die Titelfigur. Seine Arie, auf die er zwei Akte warten muss, bleibt in f-moll – den F-dur-Part gibt es nur in der Fidelio-Fassung. Die dreiaktige Leonore richtet zunächst ausführlicher den Blick auf die familiären Verbindungen im Hause Rocco, spitzt im zweiten Akt die Handlung durch Pizarros Auftreten zu und weitet sie gleichzeitig musikalisch, um damit schließlich den Kerkerakt als weitere Intensivierung wirken zu lassen. Dem gegenüber steht der gestraffte und damit stringente Ablauf des zweiaktigen Fidelio mit klarer Perspektive auf die Kerkerszene. Hundert Jahre nach der Uraufführung kam Leonore 1805 durch Richard Strauss in Berlin wieder auf die Bühne, basierend auf einer nach damaliger Erkenntnis seriös zusammengestellten Fassung, die bereits bei Breitkopf & Härtel erschien. Ein knappes halbes Jahrhundert später sorgte Willy Hess 1953 für einen gründlichen Fassungsvergleich und legte in seinen Supplementen zur Gesamtausgabe ein Aufführungsmaterial vor, das eine verlässliche Basis für Neubewertungen bot.