Isabel Mundry (*1963) Im Fall
[Mez,Ens] 2017 Dauer: 30' Text: Thomas Kling
Solo: Mez - 2Fl.Ob.Klar(B-Klar).Kb-Klar.Fag(Kfg) - 2Trp.Pos.Tuba - 2Schl. - Hfe.Git(E-Git) - Klav - 2Vl.2Va.2Vc.Kb
Uraufführung: Köln (Festival „Acht Brücken – Musik für Köln“), Philharmonie, 1. Mai 2017
Die Welt ist im (un)freien Fall. Wie immer schon. 362 n. Chr. das Orakel von Delphi über seine eigene Zukunft befragend – das Christentum wächst rapide – antwortet es: „das schöngefügte Haus ist gefallen, […] Quellen schweigen für immer, verstummt ist das Murmeln des Wassers.“ Der Schriftsteller Thomas Kling (1957-2005) hat „Die letzte Äußerung des Delphischen Orakels“ zweimal „verdichtet“, und Isabel Mundry hat sie in ihrer dreiteiligen Komposition „vertont“ und um eine eigene Montage aus (gefakten) Internettexten über das heutige Delphi der (touristischen) Archäologie ergänzt. Die Dramaturgie folgt der Zeitachse: von der Legende über ihre (verwischten) Spuren bis in die Gegenwart. Eingeschoben sind zwei Intermezzi, die ohne Dirigat in der Eigenzeit der Musiker geschehen; hier lärmen auch Stahlkugellawinen in einem Glücksspielautomat: Pachinko, US-Import der 1920er Jahre, in Japan omnipräsent. Unvorhersehbare Vorfälle; anderswo ist alles – Atemgeräusche, Resonanzen, Sprechfiguren (auch im Ensemble), kreisend fallende Becken – genau kalkuliert und platziert. Am Ende von „Im Fall“ die musikalisierte Frage nach der Zukunft, nach Versiegen oder (Über-)Leben.
(Stefan Fricke im Programmheft der Uraufführung)