Nicolaus A. Huber (*1939) No Exit – verwunschene Fixierung
[Ens,CD- und Video-Zuspielung] 2014 Dauer: 19'
Fl.Ob.Klar(Kb-Klar).Fg(Kfg) - Hn.Trp.Pos - 2Schl - E-Bass (ad lib) - Akk.Klav - 2Vl.Va.Vc.Kb - CD- und Video-Zuspielung
Uraufführung: Köln, 16. August 2015
Nicht nur die materiale Expansion des Schönbergschen Tonraums hat unsere Vorstellung von möglicher Musik geprägt, auch das Verlassen der einen Wurzel, aus der alles entwickelt werden sollte, die rhizomatischen Vorstellungen von Zusammengehörigkeit, von der alten „écriture automatique“ der Surrealisten bis zur unabhängigen Eigenständigkeit eines Ereignisses irgendwelcher Wahl in der Avantgarde, die Happening-Auffassung, die Etyms usw., alles Öffnungsvorschläge, denen ich mich immer verpflichtet fühlte. Alle möglichen Arten von Zusammenhangsbildungen schrumpelten so für sich dahin – – – und nun gab es in diesem Stück ein Kurzmodell, das mich einfach nicht aus seinem Bann entkommen ließ. Natürlich umgebildet bis zur Beobachtungsferne, blieb ich doch an diese verwunschene Fixierung gebunden, ganz schön selbstverwundert! Trotz Nichtlokalisierung! Nicht nur Kafka oder Bunuel kannten No Exits. Auch in unserer Zeit lässt man sich gerne fixieren: an den Computer, das Internet, die Spiele, die Television – alles auf Bild-„Schirmen“! „Glasbilder“ nannte das kürzlich ein aufgeklärter Mongole verächtlich. Und wie würde er den Satz einer Investmentfirma verachten: „Wie soll sich Ihr Geld vermehren, wenn es ruht, statt zu arbeiten?“?
Die hypnotische Ansagerei, unser tägliches ICH&ICH&ICH-Gehabe, ein wahnsinnig dämlicher Ereignisnachrichtenzirkus, alles No Exits. Draußen ist das Falsche, das Unfreie, das nicht zu betretende, das „auf keinen Fall“, die Negation. Sehr politisch, nicht?
Und z. B. beim Tennis? Nadal stöhnt, schlägt den Ball – fault!!! – er ist im Aus. Nadal stöhnt, schlägt den Ball, der bleibt auf der Linie und springt so hoch darüber hinweg, dass der Gegenspieler keine Chance hat, ihn zu erwischen. Punkt Nadal.
Ein Exit im No Exit, keine verwunschene Fixierung, sondern ein fantastisches Aus!
No Schlappohren, Mr Ives.
(Nicolaus A. Huber, 2014)
CD:
Ensemble Reflexion K, Ltg. Gerhard Eckert
CD Coviello COV 91915
Bibliografie:
Wir waren ein wildes Team / We Were a Wild Team. Nicolaus A. Huber im Gespräch / An Interview with Nicolaus A. Huber, in: Ensemble Musikfabrik 2015/1, S. 23-29.