Ralf Wehner (*1964) Mendelssohn-Werkverzeichnis (MWV)
Thematisch-systematisches Verzeichnis der musikalischen Werke
= Serie XIII, Band 1A der Leipziger Ausgabe der Werke von Felix Mendelssohn Bartholdy
Ausgezeichnet mit dem Deutschen Musikeditionspreis 2010
684 Seiten | 17,5 x 27,5 cm | 1.800 g | ISBN: 978-3-7651-0317-9 | Leinen, Fadenheftung
Wie umfangreich ist das Schaffen Mendelssohns? Die meisten seiner ca. 750 Kompositionen waren noch in den 1960er Jahren unveröffentlicht. Die Publikation zahlreicher Jugendwerke im Rahmen der Gesamtausgabe hat die Musikpraxis seither dankbar angenommen. Eine wissenschaftlich fundierte Übersicht ließ allerdings bislang auf sich warten – Felix Mendelssohn Bartholdy war der letzte große Komponist des 19. Jahrhunderts ohne vollständiges Werkverzeichnis.
Ralf Wehners Verzeichnis schließt diese Lücke. Es gruppiert das Oeuvre in 26 Gruppen und weist den Werken jeweils eine MWV-Nummer zu. Die Anordnung der Kompositionen innerhalb der Werkgruppen erfolgt chronologisch. Zusätzlich aufgenommen wurden im MWV alle bekannten Sammelhandschriften, Sammeldrucke, Informationen zu Werken zweifelhafter Echtheit und zu Mendelssohns Bearbeitungen bzw. Editionen fremder Werke. Wehners Arbeit basiert auf der Auswertung von Material und Informationen aus mehr als 1.500 Bibliotheken, ca. 15.000 Auktionskatalogen und ca. 12.000 Briefdokumenten. Das Profil einer konzentrierten „Studien-Ausgabe“ erhält das MWV durch die knappe Darstellung der Entstehungs-, Publikations- und Rezeptionsgeschichte.
Die MWV-Nummern im Überblick finden Sie auf der Website der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig.
Die Leipziger Ausgabe der Werke von Felix Mendelssohn Bartholdy verfolgt die Absicht, sämtliche erreichbaren Kompositionen, Briefe und Schriften sowie alle anderen Dokumente seines künstlerischen Schaffens in wissenschaftlich angemessener Form der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Als historisch-kritische Ausgabe will sie der Forschung und der musikalischen Praxis gleichermaßen dienen.
Im Vordergrund stehen die musikalischen Werke; von ihnen sind nicht nur die vollendeten Kompositionen in all ihren Fassungen, sondern auch die Quellen des Entstehungsprozesses (Skizzen und Entwürfe) ebenso wie die unfertigen Kompositionen (Fragmente) vorzulegen. Daneben ist die von Mendelssohn geführte Korrespondenz außerordentlich wichtig. Die Erkenntnis, dass die zuverlässige Edition der Briefe für die wissenschaftliche Erschließung eines kompositorischen Oeuvres unabdingbar ist, gilt allgemein; bei Mendelssohn indes gewinnt die Korrespondenz, die den Komponisten als Zeitzeugen ersten Ranges ausweist, durch den hohen literarischen Wert vieler seiner Briefe besondere Bedeutung. Schließlich dürfen – will man ein umfassendes Bild des Künstlers Mendelssohn bieten – die bildnerischen Werke, vornehmlich Zeichnungen und Aquarelle, nicht fehlen. Das Werkverzeichnis, das hier zunächst in einer Studien-Ausgabe erscheint, soll dazu beitragen, den raschen Zugriff auf das Gesamtwerk zu fördern.
Angesichts der Bedeutung Mendelssohns einerseits und dessen wesentlich von außerkünstlerischen Motiven verursachter Vernachlässigung durch die wissenschaftliche wie praktische Rezeption andererseits bedarf selbst ein so umfassend angelegtes Konzept kaum der ausführlichen Rechtfertigung. Die von Julius Rietz zwischen 1874 und 1877 vorgelegte Werkausgabe, oft irrig Alte Gesamtausgabe genannt, war alles andere als vollständig und – anders etwa als die alte Bach-Ausgabe – keineswegs von der Intention getragen, das Gesamtwerk von Mendelssohn vorzulegen; sie hieß dementsprechend bescheiden Felix Mendelssohn Bartholdy’s Werke. Kritisch durchgesehene Ausgabe. Die von Rietz getroffene Auswahl hatte zur Konsequenz, dass ein beträchtlicher Teil der Kompositionen Mendelssohns bis heute noch immer der Veröffentlichung harrt und ein weiterer bislang nur unzulänglich publiziert ist. Daran haben die wenigen Bände der seit 1960 im Deutschen Verlag für Musik, Leipzig, erschienenen Neuausgabe kaum etwas ändern können.
Die vorliegende Ausgabe schließt hinsichtlich der zeitlichen Disposition der zu edierenden Kompositionen an diese Leipziger Ausgabe der Werke Felix Mendelssohn Bartholdys an, trägt aber grundsätzlich dem neuesten Standard der Editionsprinzipien wissenschaftlicher Gesamtausgaben Rechnung. Dies bezieht sich namentlich auf die Maxime, dass alle Herausgeberentscheidungen – sei es im Notentext selbst, sei es im Kritischen Bericht – kenntlich und dem kritischen Nachvollzug des Benutzers zugänglich gemacht werden. Darüber hinaus entspricht die Ausgabe der heute allgemein akzeptierten Überzeugung, dass alle Stationen des Entstehungsprozesses bzw. der vom Komponisten verantworteten Verbreitung (Skizzen, Fassungen, selbstverfasste Versionen wie Klavierauszüge) zum Werk selbst gehören.
Diese Auffassung trifft ganz besonders in der spezifischen musikhistorischen Situation zu, in der Mendelssohn sich befand und die ihn dazu führte, den ästhetischen Anspruch des autonomen, ein für allemal abgeschlossenen Kunstwerks in ganz unterschiedlichen Graden der Vollendung zu realisieren. Davon legen die unterschiedlichen Fassungen zahlreicher Werke Zeugnis ab, aber auch die Tatsache, dass der Komponist selbst viele abgeschlossene Kompositionen nicht der Veröffentlichung für wert hielt. Dies stellt die differenzierende Hermeneutik der Quellen, die den editorischen Entscheidungen vorangehen muss, ebenso wie die editorische Pragmatik vor besonders schwierige Aufgaben, eröffnet aber auch die Chance, hinsichtlich von unfertigen oder unvollendeten Kompositionen beispielgebende Verfahrensweisen der Edition zu entwickeln.
Eine besondere Problematik ergibt sich daraus, dass Mendelssohn nur den von ihm veröffentlichten oder zur Veröffentlichung vorbereiteten Werken Opuszahlen beigegeben hat, viele seiner Werke also ohne autorisierte Opuszahl überliefert sind. Dennoch haben sich – zumal durch die oben genannte von Julius Rietz verantwortete Ausgabe – die Opuszahlen von 73 an fest eingebürgert. Dieser Tatsache trägt die vorliegende Ausgabe Rechnung, indem diese Opuszahlen weiter benutzt, aber durch eckige Klammern gekennzeichnet werden.
Die Ausgabe erscheint in 13 Serien:
Serie I Orchesterwerke
Serie II Konzerte und Konzertstücke
Serie III Kammermusikwerke
Serie IV Klavier- und Orgelwerke
Serie V Bühnenwerke
Serie VI Geistliche Vokalwerke
Serie VII Weltliche Vokalwerke
Serie VIII Skizzen und Fragmente, die den in den Serien I bis VII veröffentlichten Werken nicht zugeordnet werden können; zusammenhängende Skizzenkonvolute
Serie IX Bearbeitungen und Instrumentationen
Serie X Zeichnungen und Aquarelle
Serie XI Briefe, Schriften und Tagebücher
Serie XII Dokumente zur Lebensgeschichte
Serie XIII Werkverzeichnis
(Christian Martin Schmidt)