Jürg Baur (1918–2010) Triton-Sinfonietta
3 Grotesken [KamOrch] 1974 Dauer: 11'
1.1.1.1. – 2.1.1.0. – Pk.Schl(3) – Str
UA: Dortmund, 26. Januar 1975
Obwohl in diesem kurzweiligen Werk verschiedene moderne Kompositionstechniken verwendet werden, gibt es weder für die Ausführenden besondere technische Schwierigkeiten, noch fürs Publikum außergewöhnliche Hörprobleme.
Im ersten Satz dominieren - nach kurzen Einleitungstakten - aleatorische Abschnitte, - d, h. Streicher-Pizzikatogruppen, Bläsermotive und Schlagwerk Akzente verdichten und steigern sich klanglich und rhythmisch; es entstehen dabei verschiedene Arten von Zwölftonfeldern. Im darauf folgenden Abschnitt korrespondieren Streicher und Bläser miteinander - zunächst in charakteristischen Ganztonpassagen, dann im Wechsel von Clustern, Einzelmotiven und Glissandi. Eine kurze aleatorische Phase aller Instrumente beschließt den Satz.
Zwei divergierende Elemente bestimmen den Mittelsatz: ein eindringliches, klagendes orientalisches Lamento und eine länger ausgebreitete rotierende Klangfläche, die von ständig wiederholten rhythmischen Gruppen und dodekaphonischen melodisch kreisenden Abläufen geprägt wird. Auf dem Höhepunkt dieser Flächen-Ausdehnung ertönt pathetisch, diesmal im Fortissimo die Anfangsmelodie (teilweise kanonisch ineinander geschoben). Der „Rückweg“ führt über die verkürzte Reprise der sich abbauenden Klangfläche und endet mit der orientalischen Klage im Pianissimo.
Das Finale: ein mehrteiliges Perpetuum mobile mit bizarren Motiven und nervösen Floskeln, über hämmernden Baßrhythmen, von zarten Klangspielen und grellen Bläserfanfaren unterbrochen.
Das Intervall des Tritonus bestimmt weitgehend die melodische und harmonische Spannung des Werkes und wird auch strukturell wirksam (z. B. Kanon im 2. Satz, Schlußakkord des Finales). - Im ersten und dritten Satz klingt ironisch die Melodie eines populären Volksliedes an - gleichsam als verstecktes Motto für das Ganze.
Mehr Spiel als Ernst
(Jürg Baur)