Nicolaus A. Huber (*1939) Barong des Méduses
[3Schl] 2005 Dauer: 13'
Uraufführung: Leuven, 28. Oktober 2006
24 Seiten | 29,5 x 41,5 cm | 182 g | ISMN: 979-0-004-50295-2 | Mappe
Titel repräsentieren immer mein eigenes Nachdenken über das Stück. So ist BARONG nicht eine altpreußische Französischverballhornung von „Baron“ Méduse, einer Erfindung des wunderbar präzisen Erik Satie, sondern bezieht sich auf das balinesische Tanzspiel gleichen Namens. Barong ist die dunkelste und zugleich vertrauteste Gestalt der balinesischen Bühne und jede Aufführung ist voller unvorhersehbarer Risiken. Zwei Männer tanzen diese Figur in Löwenmaske. Das in Trance-Fallen ist dabei besonders gefährlich: Einmal geriet ein Spieler derart in Trance, dass er aus seiner Maske herausgeschnitten werden musste. Solche Zweiheit spiegelt sich auch im Instrumentengebrauch. Viele kleine Becken sind umgekehrt und sich überlagernd auf ein Brett montiert und werden mit zwei ebensolchen Becken bespielt. Jedes Becken ist zudem in sich verstimmt, klafft schwebungsreich auseinander. Dem steht Saties Le Piege de Méduse gegenüber. Die Falle ist die Frage des Barons: „Können Sie auf einem Auge tanzen?“ Das „Nein“ des Astolfo steht für intellektuelles „unschuldiges“ Weiß, die Qualle ist acéphale, kopflos. Und die Musik Saties sind ausschließlich Tänze für einen von Meisterhand ausgestopften Affen, der Jonas (der im Walbauch eingeschlossene Prophet) heißt, immer noch das Beste (ES) von uns allen ist und uns beobachtet. Wie der Anblick der Medusa einen erstarren ließ, ist Saties Alltagsmusik wie ein erstarrtes Möbelstück.
Wenn Sie sich vorstellen, dass meine Töne, Geräusche und Pausen diesen Einführungstext vorher gelesen haben, dann wird es Ihnen ein leichtes Vergnügen sein, ihre Lebensprozesse zu verfolgen, die sich wie die Fäden der Medusen durchs Stück ziehen.
(Nicolaus A. Huber, 2005)