Joseph Haydn (1732–1809) Violinkonzert C-dur Hob VIIa:1
herausgegeben von Walter Heinz Bernstein [Vl,Str,Bc] Dauer: 24'
Solo: Vl – Str – Bc
Haydns C-dur-Konzert nun vollständig aktuell ediert
EB 8634 (Ausgabe für Violine und Klavier) mit Kadenzen von Thomas Zehetmair
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Das C-dur-Violinkonzert von Haydn ist eng mit Breitkopf & Härtel verbunden. Seit 1769 setzte sich der Verlag durch den Vertrieb von Abschriften für das Werk ein. 1909 kam dann die Erstausgabe heraus, die dem Werk eine weite Verbreitung sicherte und zu seiner Beliebtheit beitrug. Kurioserweise ist diese Erstausgabe heute eine der wichtigsten Quellen, da deren Vorlage eine Abschrift von Haydns Autograph, möglicherweise das Autograph selbst Ende des 2. Weltkrieges verloren ging und weitere zeitgenössische Abschriften textlich weniger zuverlässig sind.
Auf der Grundlage der Erstausgabe erarbeitete Walter Heinz Bernstein einen leicht spielbaren und gut klingenden Klavierauszug, der die frühklassische Continuopraxis mit einbezieht. Thomas Zehetmair hat wie schon beim G-dur-Konzert (EB 8606) die anspruchsvolle Aufgabe übernommen, die Solostimme stilistisch adäquat mit Kadenzen und einem Eingang auszuzieren. Damit steht dieses reizvolle Konzert in einer aktuellen Ausgabe zur Verfügung.
„The piano-harpsichord part by Walter Heinz Bernstein features a continuo part in keeping with the late Baroque performing tradition and offers a much cleaner, unfettered realization.“(Stringendo)
Wie viele Violinkonzerte hat Joseph Haydn eigentlich komponiert? Elf Werke sind im 18. Jahrhundert mit seinem Namen verbunden, drei davon trug er selbst zwischen 1765 und 1770 in seinen „Entwurf- Katalog“ ein, zwei dieser drei Violinkonzerte wiederum sind überliefert: das Konzert C-dur Hob VIIa:1 und das Konzert A-dur Hob VIIa:3. Diese drastische Reduzierung wird glücklicherweise durch eine weitere Originalkomposition, das G-dur-Konzert Hob VII:4 ergänzt. Obwohl man das Werk in Haydns Katalog wie auch später in Elßlers „Haydn- Verzeichnis“ vergeblich sucht – Haydn hatte es bei der Niederschrift seines Katalogs als weniger gelungenes Frühwerk nicht anerkannt oder es rundweg vergessen –, ist dies, wie Parallelfälle bei Haydn belegen, kein Indiz dafür, dass Zweifel an der Authentizität berechtigt wären. Für einige andere Violinkonzerte, die in Johann Gottlob Immanuel Breitkopfs grundlegenden „Thematischen Verzeichnissen“ und in anderen Quellen Haydn zugeschrieben sind, konnte inzwischen zweifelsfrei nachgewiesen werden, dass sie von namhaften Zeitgenossen wie Christian Cannabich, Ignaz Pleyel, Carl Stamitz oder Haydns jüngerem Bruder Michael stammen.
Das vorliegende C-dur-Konzert tritt im 18. und 19. Jahrhundert an verschiedenen signifikanten Stellen in Erscheinung – mehrfach dabei verflochten in die Verlagsgeschichte von Breitkopf & Härtel. Haydn komponierte das Werk um 1765 für den italienischen Geiger Luigi Tomasini – „fatto per il luigi“, so notierte er in seinem „Entwurf-Katalog“. Tomasini war schon vor Haydn an den Esterházyschen Hof gelangt und dort als erster Violinist, später als Konzertmeister tätig. Schon 1769 wurde das C-dur-Konzert zusammen mit dem Konzert Hob VII:4 in den erwähnten Breitkopf-Verzeichnissen aufgelistet. Elf Jahre später bot Johann Georg Westphal in Hamburg das C-dur-Konzert mit – wohl nicht authentischen – Hörnerstimmen an. Eine andere Erweiterung der Orchesterbesetzung weisen Stimmen aus dem Benediktinerstift Seitenstetten auf. Sie enthalten zwei Clarinopartien, die allerdings nicht auf dem Titelblatt vermerkt sind und vermutlich nachträglich geschrieben worden sind. Solange keine triftigen Hinweise und Quellenfunde vorliegen, muss beim C-dur-Konzert jedoch von einer reinen Streicherbesetzung ausgegangen werden. Eine bezifferte Bassstimme für den Continuospieler ist, wie bei Haydns Orchesterwerken in jener Zeit üblich, nicht überliefert. Dennoch sollte die Mitwirkung des Cembalos im Sinne der spätbarocken Tradition im jetzt neu erstellten Orchestermaterial keinesfalls fehlen. Walter Heinz Bernstein hat den Part aus seiner Stilkenntnis vergleichbarer Werke erstellt.
Doch zurück zur Überlieferung: eine frühe Abschrift dürfte spätestens 1769 in den Besitz des Verlags Breitkopf & Härtel übergegangen sein, der 1836 von verschiedenen Violinkonzerten Haydns Kopien anbot und schließlich im Jahr 1909 auch die Erstausgabe besorgte. Mit der Zerstörung großer Teile des Verlagsarchivs am Ende des zweiten Weltkriegs verlieren sich dann bedauerlicherweise die Spuren dieser Hauptquelle. Schon die Partitur in der Haydn-Gesamtausgabe (Serie III/1) geht 1969 notgedrungen auf den Notentext aus verschiedenen Abschriften zurück. Neben der erwähnten Quelle in Seitenstetten sind eine Stimmenabschrift in Genua sowie weitere, wohl noch zu Haydns Lebzeiten entstandene Kopien in Ceský Krumlov (Böhmisch Krumau), Melk, Graz und Schlägl/Oberösterreich überliefert. Wahrscheinlich basiert der Breitkopf-Erstdruck direkt auf der schon 1769 im Besitz des Verlags befindlichen Abschrift, die wie das Autograph verloren gegangen ist. Zusammen mit der Abschrift aus Genua bot dieser Druck, in dem laut den Mitteilungen des Verlags im Januar 1909 „offensichtliche Fehler“ der „etwas mangelhaften“ Archivkopie verbessert sind, der Gesamtausgabe einen ausreichend zuverlässigen Notentext, um als Hauptquelle für das C-dur-Konzert gelten zu können.
Bei den Vorbereitungen zu der vorliegenden Neuausgabe ging der Verlag davon aus, dass dem C-dur-Konzert Haydns eine Ergänzung durch stilistisch adäquate Kadenzen eher entsprechen würde als die lange Zeit angebotene Bearbeitung Paul Klengels, die dem Geist der klassisch-romantischen Solokonzert-Tradition entstammt und das Werk durch hoch virtuose Zutaten wohlmeinend „verbessern“ wollte. Thomas Zehetmair hat in der Neuausgabe die anspruchsvolle Aufgabe übernommen, aus der eigenen Konzertpraxis heraus mit der nötigen Behutsamkeit Lösungsmöglichkeiten für die in allen Quellen fehlenden Kadenzen auszuarbeiten und damit den an eigenen Kadenzen interessierten Interpreten Vorschläge zur Gestaltung zu unterbreiten.
Wiesbaden, Herbst 2005