Nicolaus A. Huber (*1939) Der entkommene Orpheus
[4Git] 2001 Dauer: 14'
Uraufführung: Stuttgart (Festival éclat), 3. Februar 2002
36 Seiten | 29,7 x 42 cm | 271 g | ISMN: 979-0-004-50294-5 | Mappe
Seit vielen Jahren bin ich von Gitarrensolisten und Gitarrenduos immer wieder um ein Stück gebeten worden. Das Gitarrenquartett Aleph und ich haben es endlich geschafft! Das Stück heißt „Der entkommene Orpheus“.
In der alten Gleichberechtigungsbewegung hat man zuvorderst alles auch möglichst gleich behandelt. Die Töne fühlten sich demokratisch wohl und glücklich. Nur die Unzufriedenheit hat sich beschwert. Sie hasste am Ende diese komplexe Eindeutigkeit. Bedeutung sollte auch bei eindeutigen Tendenzen im Stück nie ein eindeutiges Leben führen können. Das Stück natürlich nur ein Minibeitrag!
Im Mythos bezauberte Orpheus auch Steine und Bäume, drehte sich zu früh nach der geliebten Eurydike um (denken Sie nur an den Pünktlichkeitsfanatiker Schönberg – wenigstens nach Richard Buhlig), verweigerte sich dem Dienst des Dionysos – und er, der zeit seines Lebens die Saiten der Leier angerissen hatte, wurde nun zur Strafe von den thrakischen Mänaden selbst zerrissen. Sein Kopf jedoch und seine Leier schwammen übers Meer und landeten auf Lesbos. Eine Saite ist eine Saite ist eine Seite!!!
Wie ein chiffriertes Wort steht dieser Text im Dienste der vielfältigen Rolle des Veranstalters von Neuer Musik. Wie ein Gleichnis. Sollte sich tatsächlich auch ein Veranstalter niemals nach hinten drehen dem Geliebten zu, damit die Furien der Gegenwartsverantwortung ihn nicht in den Zustand der Zerrissenheit treiben?
Nicolaus A. Huber
29. August 2001