Nicolaus A. Huber (*1939) Music on Canvas
[Ens] 2003 Dauer: 17'
1(Picc).1.1[B].1. – 1[F].1[B].1.0. – Schl(2) – Hfe – Klav(Cast) – Str (1.1.1.1.1) – DAT od. CD. elektr. Verstärk. – Jogger
UA: Gent, 13. November 2003
Gewöhnlich ist in der Musik alles ineinander gefügt. „ON CANVAS“ impliziert jedoch, dass Musik auf etwas verteilt ist. Während Robert Rauschenberg in seinen „Combine-paintings“ eher an Zusammenfügen denkt, wurde für mich während der Arbeit an diesem Stück immer mehr der Abstand oder Abstände zum heimlichen Thema. Das Wort Intervall z. B. weist zwar auf Abstand hin, aber unser Verschmelzungstrieb tut alles, um gerade ihn möglichst vergessen zu machen (z. B. als Proportion, als Konsonanz, als harmonisches Element etc.). Selbst der Instrumentenbau unterliegt dieser Alltäglichkeit. Jede Instrumentenfamilie (!) ist in hoch und tief gegliedert, selbst die höchste und tiefste Saite eines Streichinstruments oder die kurze und lange Luftsäule im selben Rohr sind auf Ausgleich hin strukturiert. Wir lieben in unserem Alltag die Freundlichkeit der Gegenstände, sich nur langsam zu verändern. Wir rechnen auf Sicherheit, wir brauchen die Beständigkeit von Wiederholung.
Im Stück gibt es 5 Alltags-Intermezzi, die sich mit ihrer Rohheit förmlich aufgedrängt haben. Während dieser Auseinandersetzung dachte ich
1. dass ich jetzt alt genug bin, um ihnen nachgeben zu können
2. dass die Gefühle (auch solche in der Musik), die uns bekannt und vertraut vorkommen und uns ansprechen, Wiederholungen des Alltags sind
3. dass Wiederholungen des Alltags aber gleichzeitig die Unverschämtheit von Abständen besitzen können, vorgeprägtes Erinnern verblüffen.
(Nicolaus A. Huber, 2002)
CD:
musikFabrik, Ltg. Etienne Siebens
CD WERGO WER 6852
Bibliografie:
The height of the breadth: Pop culture Infiltrations in the music of Nicolaus A. Huber, in: Music of Nicolaus A. Huber and Mathias Spahlinger, hrsg. von Philipp Blume, Contemporary Music Review 27 (2008), Heft 6, S. 655-664.
Seidl, Hannes: Einbrüche der Popkultur in Nicolaus A. Hubers Musik seit 1990, in: MusikTexte Heft 108 (Februar 2006), S. 34-37.