Misato Mochizuki (*1969) Omega Project
[Orch] 2002 Dauer: 16'
2(Picc.A-Fl.B-Fl).1.Eh.2(Klar[Es].B-Klar).2.Kfg. – 4.2.2.1. – Schl(4) – Hfe – Klav – Str 12.12.10.8.6
UA: Tokyo, Suntory Hall, 25. August 2002
Der „Punkt Omega“ bezeichnet für Teilhard de Chardin (1887–1955) den Höhepunkt der Entwicklung der Menschheit, den er mit dem „mystischen Christus“ gleich setzt. Die biologische menschliche Entwicklung ist erheblich langsamer als die der Gesellschaften oder der Wissenschaft, da diese durch Anhäufung und nicht durch Selektion wachsen: die Entdeckungen oder Überlegungen eines Menschen sind unmittelbar verfügbar und für alle nützlich, in der Gegenwart und in der Zukunft. Jeder Mensch bereichert den Stoff eines kleinen Gedankenguts, das sich am Ende seines Lebens (es entspricht dem kleinen Punkt Omega) für den Start in ein neues Leben befreit. Somit setzt die Menschheit ihr Erlernen von Generation zu Generation fort.
„Omega Project“ ist der Lauf dieser Entwicklung, das Ergebnis der Begegnungen zahlloser kleiner Verläufe. Es ist das Bild einer Brücke zwischen zwei einander unbekannten Welten, die sich aber gegenseitig einschließen – wie Mensch und Gott, das Leben und der Tod, die Erde und der Weltraum, der Anschein und die Wahrheit. Ich wollte eine bildhafte Musik des Gebets schreiben, die in ihrer Struktur mehrere „Omega-Punkte“ beinhaltet. Das ist ein Prozess der Wiedergeburt der Lebensenergie der Musik, und genau wie die Form des griechischen Buchstabens es darstellt, ist es eine Musik, die von einem Anfangspunkt durch eine Öffnung, eine Pause, zu einem Endpunkt gelangt. Der Anfang eines neuen Zyklus’ wird von einem Klang betont, der an ein Glöckchen erinnert: dieser Einfall geht auf die astronomische Uhr im Straßburger Münster zurück, wo das Leben des Menschen mit dem von einem Engel geschlagenen Gong anfängt und endet.
Misato Mochizuki (2002)