Misato Mochizuki (*1969) Météorites
[Orch] 2002/03 Dauer: 14'
2(Picc).AFl(Lotosfl).2.Eh.1.Klar[Eb].B-Klar.2.Kfg. – 4.3.3.1. – Schl(4) – Hfe – Str (16.14.12.10.8)
UA: Tokio, 28. Juni 2003
Misato Mochizukis Orchesterwerk „Metéorites“ ist ganz von kosmischen Mysterien und Mechanismen inspiriert. Mochizuki, die gerne zwischen den Verbindungen der einzelnen Wissenschaften sucht, forschte einige Zeit über Meteoriten, jenen unermesslich alten Himmelskörpern, Sprengstücken anderer Galaxien, denen man hypothetisch zuschreibt, das Leben auf der Erde importiert zu haben. Aus mittransportierten Aminosäuren, die beim unablässigen Bombardement von Meteoriten vor vielen Milliarden Jahren auf die Erde kamen, so die Theorie, habe sich alles Leben entwickelt.
Das Werk „Metéorites“ versucht, diese Zusammenhänge musikalisch zu gestalten. Allerdings nicht in Form eines vertonten Bildes, eines Klanggemäldes, sondern indem die physikalischen Prozesse und Mechanismen der Meteoriten und ihrer fast prometheisch lebensspendenden Funktion die Struktur der Musik bestimmen. Aus einer Klanginformation, nämlich der großen Trommel, die mit Bürsten gerieben wird, keimt alles musikalische Leben auf. Wie ein genetischer Kode erweitert sich diese Klanginformation, vervielfältigt sich, mutiert, wird variiert und transformiert, bis sich ganz neue motivische Zellen bilden. Über die Trompeten wird der Klang in das ganze Orchester getragen, einer Zellteilung gleich spalten sich die Klänge immer wieder neu auf. Auch wenn es bei kleinen Motivkernen bleibt, so ballen sie sich doch immer wieder zu großen Einheiten zusammen, sorgen für erhebliche Verdichtungen, in denen es zu kulminierenden Klangexplosionen kommt, bevor sich der Klang in breiten Notenwerten verliert, einer lebendigen Masse gleich, die äußerlich homogen wirkt, en detail aber aus vielen verschiedenen Organismen besteht.
Berthold Mann-Vetter
(Programmheft der deutschen Erstaufführung; Frankfurt, 15. Februar 2003)