Nicolaus A. Huber (*1939) In die Stille
[Vc] 1998 Dauer: 10'
UA: Fürth, 8. November 1998
12 Seiten | 30,5 x 23 cm | 75 g | ISMN: 979-0-004-18255-0 | geheftet
Immer wieder stelle ich beim Hören und beim Beobachten von Hörhaltungen in Proben und Konzerten fest, dass wir uns im Zeitalter der Medien so an das Hören über Lautsprecher (Schallplatte, CD, Video, Radio, Fernsehen etc.) gewöhnt haben, dass durch die Alltäglichkeit solcher Klangbilder das Empfinden für die Qualität RAUM fast verkümmert ist. Lautsprecher simulieren RAUM bereits in ihrer Sende-Information. Ihre Fähigkeit, Räumlichkeit aus dem realen RAUM, in den sie ihren Klang abstrahlen, zu gewinnen, ist dagegen äußerst gering. Umgekehrt scheint es in der Natur des Instrumentalklangs zu liegen, vollkommen im RAUM aufgehen zu können, gerade in ihm das Neue, Einmalige seines Klingens zu finden und mit ihm erst das Klangleben aufbauen zu müssen.
Im Prozess des „..... in die Stille“-Gehens hat der Cellist Töne und Klänge zu realisieren, die bis zum siebenfachen Piano reichen. Dies sollen jedoch keine Lautstärken sein, die eine bloße Erweiterung der Lautstärkenskala ins Unhörbare sind, sondern eher die Realisierung einer besonderen Form von RAUM-KLANG. Die Wirkung des Instruments als Ort der Abstrahlung verringert sich dadurch zugunsten eines Klangs, der sozusagen nur noch im RAUM alleine, wie „insistierend“, vorhanden zu sein scheint. Es ist die schwebende Präsenz einer Beinahe-Lautlosigkeit wie etwa im Goethe-Vers „In allen Wipfeln spürest du/kaum einen Hauch“.
Je lautloser, desto präsenter!
(Nicolaus A. Huber, 27. Juli 1998)
Bibliografie:
„Es gibt Dinge, die sind richtig, aber sie ruhen“. Nicolaus A. Huber im Gespräch mit Michael Struck-Schloen, in: MusikTexte, Heft 154 (August 2017), S. 31-37.