Jürg Baur (1918–2010) Konzertante Fantasie
[Org,Str] 1984/85 Dauer: 23'
Uraufführung: Halle/Westfalen, 30. Januar 1985
Toccata (wechselnde Tempi) - Meditation (Andante) - Finale (wechselnde Tempi)
Das dreisätzige Konzert bezieht sich auf Themen und Motive von Bach, Händel, Scarlatti und Berg in verschiedenen Kombinationen und Konstellationen. Jeder der drei Sätze ist als mehrteilige freie Fantasie angelegt; dodekaphonische Strukturen verbinden sich mit freier Tonalität: Musik in der Spannung zwischen Zwang und Freiheit. Eine kurze B-a-c-h -Introduktion führt unmittelbar in den 1. Satz.
Am Ende mehrfacher virtuos-rezitativischer Anläufe (Orgel, steht immer wieder ein thematisch-rhythmischer Akkordblock (Streicher). Kanonische Motiv-Engführungen über das B-a-c-h -Motiv leiten zu einer espressiven Zwischenepisode der Orgel; erneut drängende Steigerungen (alternierend Orgel und Streicher) führen zu Clusterklängen des Soloinstruments, einem dreifachen engräumigen Kanon der Streicher, gipfeln schließlich in einer Tutti-Apotheose mit dem variierten B-a-c-h -Motiv.
2. Satz
Ein Orgel-Pedalsolo zitiert den Choralanfang: "Es ist genug", verknüpft mit dem B-a-c-h -Motiv; ein chromatisches Thema erklingt auf dem Manual, im Wechselspiel von Streichern und Orgel entwickelt sich ein weiterer ausdrucksvoller Gedanke in den Bässen, mündet in eine weit ausgedehnte, sich ständig steigernde Trillerfläche der Streicher; die Orgel setzt mit dem "Katzenfugenthema" von Scarlatti, dem B-a-c-h -Motiv und der Choralzeile "Aus tiefer Not" polyphone Strukturen dagegen. Nach einem klanglichen Höhepunkt des Tuttis führt ein ruhiger Andante-Teil mit neuem thematischen Material- zu einer wellenförmigen Streicherklangfläche. Die Reprise wiederholt die beiden ersten Gedanken des Satzes und schließt mit dem "mystischen" Akkord von Alban Berg (op. 4) - eine weitausgesponnene Meditation.
Finale
Das Scarlatti-Fugenthema, akkordlich in der Orgel ausgebreitet, eröffnet das aggressive Finale, in dem zunächst ostinate Baßfiguren dominieren, von rhythmischen Clusterschlägen der Orgel interpunktiert. Im Mittelteil des Satzes entwickelt sich ein mehrfach geschichteter Kanon über das Scarlatti-Thema in beiden Instrumentengruppen, mündet in ein quasi barockes "Alla marcia", im Gestus des Händelschen Orgelkonzerts in g-moll. Der letzte Satzabschnitt steigert sich mit schnellen Vier- und Sechstonpassagen, dazu geben die Bässe rhythmische B-a-c-h -Motiv-Impulse. In der pathetischen Coda begegnen sich Scarlatti-Thema und das B-a-c-h-Motiv. Am Ende steht ein düsterer c-moll-Klang.
(Jürg Baur)