Martin Smolka (*1959) Oktett
[Ens] 2001 Dauer: 20'
Klar.Fg.Hn.2Vl.Va.Vc.Kb
Uraufführung: Wien/Österreich, Konzerthaus, 20. Februar 2001
Was bedeutet es, wenn das stille, beruhigende Motiv immer und immer wiederkehrt? Selbst als die Musik wahnsinnig wird und (im großen Unisono) davonläuft, selbst da wartet ruhig das Eingangsmotiv.
Es könnte Zuhause bedeuten. Es könnte das Wort „Zuhause“ bedeuten, wie Ivan Wernisch mit ihm in einem seiner frühen Werke gearbeitet hat: In überraschender Weise teilte er das Wort dom? (pujdeme dom? = lass uns nach Hause gehen) auf in do (= zu) und m? (das keine Bedeutung hat, in diesem Kontext aber lang ist). Das Fragezeichen (?) klingt „uu“, muss mit wie zu einem kindlichen Kuss gespitzen Lippen ausgesprochen werden und suggeriert ein Gefühl des Zuhauses als Ort der Zärtlichkeit, der Wärme und samtenen Geborgenheit sowie des Beruhigt-Werdens.
Und was ist mit dem Aufschrei falsch gestimmter Bläserdreiklänge und dem dröhnenden Knarren der Streicher? Was ist mit diesen schreienden „großen“ Unisoni? Schaffen all diese Umtriebe nicht einfach nur die Möglichkeit, zum „m?“ zurückzukehren?
Ich wurde gebeten, ein Stück für eine Schubert’sche Instrumentenkonstellation zu schreiben: für Oktett. Natürlich nahm ich die Herausforderung an, auch in einem anderen Sinne frühromantisch zu sein, indem ich eine Selbstreflektion liefere und ein instrumentales Lied über meine schmerzvolle innere Landschaft singe.
(Martin Smolka)