Ehrlich gesagt, ich bin der zeitgenössischen Musik schon etwas überdrüssig geworden. Und so habe ich versucht, ein Problem zu lösen, das an die Rätsel in Märchen erinnert: Wie kann man Komponist bleiben und weiterhin Musikwerke schreiben, dabei aber alles andere produzieren als zeitgenössische oder Neue Musik?

Remix (Neu Mischen)
Zunächst hat mir folgendes Konzept eine Menge Spaß bereitet: Warum nicht Musik recyclen? Wir werden in dieser Welt ohnehin von zu viel Musik attackiert. Ich nahm die Schlussakkorde der beliebtesten Orchesterstücke, reihte sie in schneller Folge aneinander und gestaltete dann mehrere sich häufig wiederholende Schlingen aus dieser Kette. Auf diese Weise arrangierte ich ein Treffen meiner Lieblingskomponisten, besonders derer, die sich in der Wirklichkeit nie treffen konnten, so wie Mozart, Berlioz und Mahler. Die Klänge von Becken und Basstrommeln sollten für einen Disco-Hintergrund sorgen, der dem 19. Jahrhundert entstammt.

Redream (Neu Träumen)
Später jedoch, als mir das konkrete Material vorlag, habe ich mich immer weiter von meinem ursprünglichen Konzept entfernt. Andere Akkorde als die Schlussakkorde, andere Tempi, und andere Kombinationen stellen sich ebenfalls als interessant heraus. Das Werk wurde beeindruckend in dem Augenblick, als das historische Material begann, seine Identität zu verlieren.

Reflight (Zurückflüchten)
Später begann der Museumsgeruch der Klassiker mich zu ersticken und ich musste schnell hinausrennen, um frischen Wind zu spüren (im schöpferischen Sinne!).

Postskriptum:
Kompositionstechniken - Inspirationsquellen
Wiederholungen - DJ-Musik
sehr schnelle Tempi - Laurel und Hardy
Mikrointervalle - authentische Volksmusik verschiedener Regionen
transparente, einfache Form - Strophe - Refrain

Martin Smolka


Bibliografie:

Nonnenmann, Rainer: Natur und Nostalgie. Intonation, Tradition und Expression in der Musik Martin Smolkas, in: Martin Smolka, hrsg. von Ulrich Tadday (= Musik-Konzepte 191), München: edition text + kritik 2021, S. 7-25