Jörg Birkenkötter (*1963) Schwebende Form
[Sept] 1999/2000 Dauer: 17'
Fl(Picc).Klar(B-Klar) – Vl.Va.Vc – Schl – Klav
UA: Nürnberg, 23. Oktober 1999
In einigen meiner jüngeren Stücke habe ich mich auf jeweils unterschiedliche Weise mit dem Aufbrechen linearer (Form-) Prozesse beschäftigt. Das gegenseitige Unterbrechen, Zerschneiden, Durchkreuzen verschiedener formaler Entwicklungsstränge konnte dabei bis zum Zerbrechen formalen Zusammenhangs führen. Diese Erfahrungen werden in dem neuen Stück teilweise noch weiter getrieben. Schnitte folgen z. B. oft sehr viel dichter aufeinander, wodurch sich jedoch die Möglichkeit ergibt, heterogenes, zu verschiedenen formalen Entwicklungslinien gehörendes Material wieder zu größeren Bögen zusammenzufassen und trotzdem die einzelnen Bestandteile in voneinander unabhängigen Prozessen weiterzuführen. So entsteht eine formale Komplexität, in der trotz scharfer Kontraste, Brüche und Schnitte der Gedanke „legato“ als übergeordneter im Vordergrund steht. Obwohl innerhalb der sich ständig erweiternden, schleifenförmig aus-breitenden Form die verschiedenen Ebenen mit großer Genauigkeit aufeinander bezogen sind, geraten die Beziehungen ins Schweben, verlieren ihre Zentriertheit, werden vieldeutig, rätselhaft. Vergleichbares findet sich auch auf der Ebene des Klangmaterials: Scheinbar Vertrautes wie Klaviertrillerketten, Oktavfelder, eine quasi „c-moll“ Fläche usw. hat keinerlei absichernden, bestätigenden Charakter, sondern richtet sich - wie die schwebende Form - horchend ins Offene.
Jörg Birkenkötter