Jürg Baur (1918–2010) Concerto da camera
Auf der Suche nach der verlorenen Zeit [Blfl,Orch] 1975 Dauer: 17'
Solo: Blfl – 1(Picc).1.Eh.0.2. – 2.1.1.0. – Pk.Schl(2) – Hfe.Git ad lib. – Str
UA: Essen, 4. Mai 1975
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Das Concerto da camera will weder eine barockisierende noch avantgardistische Musik für die Blockflöte sein - sondern ein instrumentgerechtes, abwechslungsreiches, temperamentvolles Stück. Der Solopart (im Wechsel von Alt- und Piccolo-Flöte) ist virtuos und ausdrucksstark zugleich angelegt, unter Berücksichtigung der in den letzten Jahren für die Blockflöte speziell entwickelten Techniken (überblasene Akkorde, Flackergeräusche, Fingervibrato etc.).
Die relativ umfangreiche Orchesterbesetzung (fünf Holz-, vier Blechbläser, Harfe, Schlagwerk, Streicher) soll farbige Kontraste schaffen und verschiedene Strukturen verdeutlichen.
Im ersten Satz, einem knappen „Preludio“ bringt das Solo-Instrument verfremdete Zitate aus dem langsamen Satz eines Telemann-Konzertes (a-moll) über Klangflächen von Streichern und Bläsern.
Zweiter Satz: Ein mehrteiliges, rhapsodisches Allegro, bei dem der Part der Blockflöte von Repetitionsfiguren bestimmt wird. Das Orchester setzt mosaikähnliche kurze dodekaphonische und serielle Klanggruppen und -blöcke dagegen. Im ruhigeren Zwischenteil korrespondiert die Solostimme mit dichtem polyphon geführten Streicherensemble.
Der langsame Satz , Mittelpunkt des ganzen Konzerts, entwickelt sich als weit ausgesponnene Fantasie und kristallisiert sich um die einzelnen Zeilen der alten Liedweise „Innsbruck, ich muss dich lassen“ - „auf der Suche nach der verlorenen Zeit“.
Ein rhythmisch eigenwilliges zwölftöniges Bass-Ostinato beherrscht das Finale, greift allmählich in steter Steigerung auf alle Stimmen über und übertönt schließlich den Solopart. Nach kurzer Klimax kehrt das Thema nach und nach in die Bassregister zurück, während das Solo-Instrument mit virtuosen Spielfiguren dominiert. Eine Fanfare und eine im Unisono aus der Höhe herabschießende Figur leiten diesen letzten Satz ein, erscheinen in der Mitte und am Ende, ehe eine humorvolle Stretta das Werk beschließt.
Das „Concerto da camera“ ist an kein festes Kompositionsprinzip gebunden; es konfrontiert den relativ zarten Klang der Blockflöte mit den verschiedenen lautstärkeren Orchestergruppen und zeigt in diesem Spannungsfeld die Möglichkeiten und Grenzen des Soloinstruments auf.
(Jürg Baur)
Bibliografie:
Schneider, Michael: „Verschmitzt“ – Jürg Baur und die Blockflöte, in: Tibia 38 (2013), S. 418-431.
Wallerang, Lars: Die Orchesterwerke Jürg Baurs als Dialog zwischen Tradition und Moderne, Köln: Dohr 2003.