Robert HP Platz (*1951) SCHREYAHN
Zeitinstallation [S,KamEns] 1990 Dauer: 25'
Soli: S – Vc – Fl.Eh.Klar.TSax.Fg – 2Hn.2Trp.2Pos.2Tuben – 2Klav
Uraufführung: Metz, 16. November 1990
SCHREYAHN besteht aus 6 Sätzen („Büchern“), die in 3 Zentren geordnet sind:
Buch I Violoncello Solo
Buch II Violoncello Solo
Buch III Flöte + Violoncello
Buch IV Violoncello & Flöte + 2 Klaviere
Buch V Trompete Solo
Buch VI Blasorchester
Epilog Sopran + Violoncello
Jedes auch hat seinen Raum, seine Zeit.
Die zeitliche Ordnung in drei Zentren mit sich überlappenden Sätzen wirkt bis ins kleinste Detail der musikalischen Struktur nach: Elementarteile, die sich nur mit bestimmten anderen verbinden, loslösen, frei bleiben... statische und dynamische Verknüpfungen eingehen...
Dieses Stück hat eine Geschichte - natürlich hat jedes meiner Stücke eine Geschichte; dafür schreibe ich wenig genug, dass sich ein Stück SEINE Zeit für eine eigene Geschichte nehmen kann. SCHREYAHN hat eine besondere Geschichte...
Nach Schreyahn kam ich durch einen Freund, für dessen Werk ich mich schon seit Jahren eingesetzt habe. Als ich die Skizzen für dieses Stück schrieb, wurde seine Arbeit durch eine furchtbare Krankheit unterbrochen; und wenn ich die von ihm entwickelten Techniken auch nicht anwende, so entstand SCHREYAHN doch wie eine Hommage an ihn...
Die ersten Skizzen entstanden für Bratsche und Instrumentalgruppen; während der Arbeit veränderte sich die Konzeption, ich entschied mich für das Vcello. Ich rief daraufhin Siegfried Palm an, erhielt seine Zusage und schrieb das Stück für ihn.
Schreyahn liegt nur einen Fussmarsch von der DDR-Grenze entfernt. Am Anfang meiner Arbeit war diese Grenze unüberwindlich, in ihrer Unmenschlichkeit so unverständlich wie der Peitschenschlag eines Riesen quer durch den Wald, wo ich manchmal meine Spaziergänge machte. Trotzdem haben mich diese Grenzgänge angezogen, wie magisch...
Dann - ich war im fortgeschrittenen Skizzenstadium und gleichzeitig noch in PIÈCE NOIRE für IRCAM - brach die Grenze auf, in wenigen Tagen entstand eine Strasse, wo bislang alle Wege im Nichts endeten. Und bei meiner ersten Fahrt über diese Strasse steckten mir kleine Jungen Zettel mit ihren Adressen ins Auto: für sie ein Bote aus einer fernen Welt...
Ich hoffe, dass sich die Partitur von alldem etwas bewahrt hat.
(Robert HP Platz)