Siegfried Matthus (1934–2021) Violinkonzert
[Vl,Orch] 1968 Dauer: 17'
Solo: Vl – 2(Picc).2(Eh).2(B-Klar).2. – 2.2.2.1. – Pk.Schl – Hfe – Str
UA: Dresden, 24. Februar 1969
Das Violinkonzert, 1968 nach der Oper "Der letzte Schuss" komponiert und von Manfred Scherzer inzwischen an die 100 mal in der ganzen Welt gespielt, gehört zu meinen erfolgreichsten Kompositionen, aber auch zu den Stücken, die am oberflächlichsten rezipiert werden. Viele Rezensionen bezeugen dies. Dort ist am häufigsten von glänzender Virtuosität, unbeschwerter Heiterkeit, Witz, Musizierlaune und von der Widerspiegelung einer optimistischen Lebenshaltung die Rede.
Ein wenig bin ich selbst daran schuld, denn zur Uraufführung habe ich mich ähnlich geäußert, und diese Gedanken hängen dem Stück mit einer beharrlichen Zähigkeit an.
Zwei Sätze dieses Konzertes werden laut Lehrplan der EOS (Erweiterte Oberschule) in den 10. Klassen behandelt, und auch dort wird das Konzert nur in diesem Sinne erläutert und erklärt.
Nun ist das alles nicht falsch, aber ganz sicher ist das nur ein Aspekt der Komposition. Die große Widersprüchlichkeit darin wird meistens überhört, wie der Widerspruch zwischen den lehrbuchhaften Formen und den 12-tönigen Melodiestrukturen oder der Widerspruch zwischen dem fast szenischen Spektakel des Kadenz-Rezitativ - Satzes mit den beiden Klassikerzitaten und der sensiblen Innerlichkeit des darauf folgenden Andante.
Erst dadurch, oder zumindest unter der Berücksichtigung dieser Fakten, scheint sich mir der eigentliche musikalische Inhalt dieser Komposition zu erschließen.
Siegfried Matthus
im Dezember 1978
CDs/LP:
Manfred Scherzer, Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin, Ltg. Gert Bahner
CD BMG 7432 73511 2 (Musik in Deutschland 1950 - 2000)
CD Berlin Classics 0090692
LP Eterna 8 27 150 151