Reinhard Keiser (1674–1739) Der glückliche Fischer
Urtext herausgegeben von Thomas Ihlenfeldt [S,2Vl,Bc] Text: Christian Heinrich Postel
48 Seiten | 23 x 30,5 cm | 203 g | ISMN: 979-0-2004-9108-1 | Broschur
In der Musik zu dieser Kantate um die Nymphe Melisse und ihre drei Verehrer, den Schäfer Coridon, den Gärtner Melanthus und den schließlich erwählten und deshalb „glücklichen“ Fischer Polidor, zieht der Hamburger Barockmeister Reinhard Keiser alle Register seines kompositorischen Könnens, vor allem aber seiner instrumentalen Charakterisierungskunst.
Reinhard Keiser, … das vielleicht größte Original-Genie, das Deutschland jemals hervor gebracht hat, wurde 1674 in Teuchern bei Weißenfels geboren. Nach erstem Unterricht in seiner Heimatstadt, den er vom dortigen Organisten erhalten haben dürfte, besuchte er ab 1685 sieben Jahre lang die Leipziger Thomasschule und war hier Schüler des Thomaskantors Johann Schelle. Nach seiner ersten Anstellung als Hofkomponist in Braunschweig wurde er schließlich 1697 Kapellmeister der Hamburger Oper am Gänsemarkt. Dort hat er bis 1717 das Operngeschehen dominiert, zeitweilig auch als Mitpächter des Hauses. Der von dem späteren Pächter zu verantwortende Ruin des Hauses veranlaßte Keiser, sich um feste Anstellungen an den Höfen in Stuttgart, Durlach und Kopenhagen zu bemühen.
Ab 1723 war Keiser aber wieder in Hamburg und hatte sich mit dem inzwischen zum „director musices“ avancierten Georg Philipp Telemann zu arrangieren. In, wie es scheint, guter Zusammenarbeit, bestimmten sie in den folgenden Jahren das Musikleben Hamburgs innerhalb und außerhalb des Opernhauses am Gänsemarkt. 1728 übernahm Keiser als Nachfolger von Johann Mattheson das Amt des Domkapellmeisters. Reinhard Keiser starb 1739 in der Hansestadt.
Auch wenn Keiser vor allem durch sein reiches Opern-Schaffen bekannt ist, gilt er mit seiner Sammlung Gemüths-Ergötzung von 1698 als der „erste bahnbrechende Vertreter der deutschen Solokantate“. Im Vorwort zu dieser Sammlung definiert er den Begriff Sing-Gedicht oder Cantate so: „Es ist (…) die Erfindung derselben von den Opern hergekommen. Denn weil man verspühret / daß die vermischete Sing-Art derselben nemlich bald recitativ, bald Arien, und diese bald lustig / bald traurig / bald aus diesem / bald aus jenem Thon / sehr angenehm war; allemahl aber ein Stück aus einer Opera zu machen / wegen Abwechslung der Personen nicht thulich / so hat man die alte Art der langen Lieder von vielen Gesätzen oder Strophen / in ein solches mit recitativ und Arien vermischtes Gedicht verwandelt“. Keiser verweist auf die in der deutschen Solokantate eingegangene Verbindung zweier nationaler Stile: Die Oper und die aus ihr für den kammermusikalischen Gebrauch entwickelte Kantate haben ihren Ursprung in Italien. Die Textgrundlage seiner Kantaten entspricht aber jenen langen, mehrstrophigen Balladen, die bis dahin in Form des Strophenlieds vertont wurden: „… und sehe man zum Exempel an die bekante schöne Ode unsers Teutschen Opitzen: Coridon der ging betrübet / oder des vortrefflichen Simon Dachen seine niemals gnug gepriesene / und gantz unvergleichliche Ode: Es fing ein Schäffer an zu klagen; so wird man zwo rechte vollkommene Cantaten finden / daran kein anderer Unterscheid / als daß sie Verß-Weise gesetzet / und durchaus nach einer Melodei müssen gesungen werden; da eine heutige Cantate die Abwechslung der Melodien / und des Arien- mit dem Recitativ-Spiel hat / welches das einzige ist, das wir in diesem Stück den Welschen zu danken haben“.
Schon in diesem ersten, im Druck erschienenen Werk mit sieben Kantaten Keisers, die allesamt im poetischen Schäferland Arkadien angesiedelt sind, ist dessen Kompositionsweise voll entwickelt. Sein Rezitativstil steht in der Mitte zwischen dem mehr singenden, den Übergang vom Rezitativ zur Arie fast verwischenden Stil der Franzosen und der eher repetierenden, mehr dem Sprechen angenäherten Art der Italiener. Keiser (wurde) von seinen Zeitgenossen als der „Schöpfer des deutschen Rezitativs verehrt“. Seine höchst expressiven, sich oft zu einem Arioso ausweitenden Rezitative haben stets den Affektgehalt des Textes im Auge. Dies gilt auch für die Arien, die sehr farbig instrumentiert sind und voller musikalischer Ideen stecken.
01. | Recitativo – An einem silberklaren Bach |
02. | Aria affettuosa – Helle Tropfen, rinnt von hinnen! |
03. | Recitativo – Kaum hatte sie den schönen Mund geschlossen |
04. | Aria – Melisse, denke meiner Brunst |
05. | Recitativo – Die Schöne ward durch diese Wort entstellt |
06. | Aria affettuosa – Vergönne mein Engel, vergönne mein Leben |
07. | Recitativo – Melisse lachete dazu |
08. | Aria presta – Auf der See wohnt meine Lust |
09. | Recitativo – Dies Lied entzückete der Nymphen Sinn |
11. | Recitativo con Concertato – Drauf ward der Tag in lauter Lust vollbracht |
10. | Aria con Ritornello – Ihr Gärten und ihr Auen |