Nicolaus A. Huber (*1939) Solo für einen Solisten
[Vl] 1980/81 Dauer: 16'
Uraufführung: Witten (Wittener Tage für neue Kammermusik), 22. April 1983
ISMN: 979-0-004-17681-8
Solo für einen Solisten gehört zur Reihe meiner Rhythmusstücke für Tonhöheninstrumente. Alle Verschiebungen und prozessualen Aperiodizitäten sind aus dem „paarigen, gleichen Anschlag“ des Anfangs erlebbar. Die benützten Bogentechniken, Fingerdruckarten, Klangfarben, Lautstärken, ja sogar das rhythmisch genau vorgeschriebene Vibrato dienen zur zeitlich und emotional vielfältigen Darstellung ununterbrochener Prozesse. „Solo für einen Solisten“ weist auf die außerhalb des Instruments liegenden Genre-Einschübe hin: Genre I „Kalinka“ (gepfiffenes Volkslied), Genre II Rhythmus mit den Füßen (quasi „Steppen“). Genre III ist die Melodie des Liedes „Die Frauen von Cuà“ von Carlos Mejia Godoy, das durch die vorher gleichsam abstrakt auftauchenden Klang- und Rhythmustechniken emotional interpretiert wird. Umgekehrt werden diese rückwirkend inhaltlich konditioniert. Das Lied erzählt von Menschen, die in Nicaragua unter der Somozadiktatur verschwunden sind, gefoltert und geschändet wurden.
Der Refrain lautet:
Ay! Ay! Niemanden habe ich vorbeigehen sehen
die schwarze Nacht verschluckt
den Tränenstrom.
Ay! Ay! Die Heimat weint
die Schreie, die man dort hört
klingen wie Schreie bei einer Geburt!
Aus dem Folkloristischen von Genre I und II wird das politische Lied des fortschrittlichen Volkes von Nicaragua.
(Nicolaus A. Huber, 1983)