York Höller (*1944) Arcus
[KamEns,Tb] 1978 Dauer: 20'
Fl(Picc).Ob(Eh).Klar.B-Klar.Fg.Kfg. – Hn. Trp.Pos – Pk.Schl – Klav(EOrg) – 2Vl.Va.Vc.Kb – Tb
UA: Paris, 14. Oktober 1978
»Man ist um den Preis Künstler, daß man das, was alle Nichtkünstler »Form« nennen, als »die Sache selbst« empfindet« (Nietzsche)
»Arcus« ist »absolute« Musik und will nichts anderes sein, doch in diesem Rahmen verkörpert das Stück eine ganz bestimmte Idee, die sich - auf den kürzesten Nenner gebracht - im »Willen zur Synthese« manifestiert, der Synthese von »natürlichen« und elektronisch erzeugten Klangebenen sowie von verschiedenen Kompositionsprinzipien. Konkretes Sinnbild dieser Idee ist eine musikalische Grundgestalt, die - und darauf bezieht sich der Titel »Arcus« (lateinisch »Bogen«) - bogenförmig /ganzheitlich angelegt ist. Diese Grundgestalt ist verantwortlich für Melodik, Harmonik, Rhythmik, Gegenwartsdichte, Makrozeit, Form; auch dient sie als »Code« für die Programmierung des Computers, mit dessen Hilfe die elektronischen Transformationen der Instrumentalklänge auf Tonband vorgenommen wurden.
Die Klangdimension von »Arcus« ist wesentlich bestimmt durch die elektronische Umwandlung von Instrumentalklängen. Das Medium der Elektronik ist einer nur teilweise erschlossenen Landschaft vergleichbar, in der es wahrlich noch eine Menge zu entdecken gibt. So geht meine Expeditionsroute seit geraumer Zeit in folgende Richtung: Es besteht kein Zweifel, daß - im Vergleich zu den verhältnismäßig stereotypen Generatorenklängen (Sinus, Rechteck etc.) - die natürlichen Instrumentalklänge sich durch erheblich interessantere Spektren auszeichnen. Es war für mich daher naheliegend, diese Klänge als Grundmaterial für die elektronische Bearbeitung zu wählen.
Als kleine »Hommage à IRCAM« habe ich im vorletzten Abschnitt des Stücks einige kürzere, charakteristische Zitate aus Werken von Boulez, Berio, Globokar und Risset in den musikalischen Kontext eingeflochten.
(York Höller)