Volker Heyn (*1938) Ferro Canto
für großes Orchester und Tonband [Orch,Tb] 2021 Dauer: 22'
Picc.2.3(Eh).2.B-Klar.2Kb-Klar.Sopranino – Sax.B-Sax.1.2Kfg – 4.4.4.0 – Schl(5) – 2Klav.Org – Str: 8.7.6.5.4
Uraufführung: Stuttgart (Eclat Festival), 4. Februar 2022
Auftragswerk des SWR
Anstelle eines Kommentars
(an Josef Häusler, den damaligen Redakteur für Neue Musik des SWF Baden-Baden)
Hey Joe, was soll einer sagen über seine Musik?...
Vielleicht erst mal spielen und hören,
247 Takte Musik spielen und hören und dann 'was sagen?...
Berichten über kalkuliertes Konstrukt - Destrukt
und Klang- und Zeit-Sachen, über Zweifel-Zaudern?...
Was sagen, nachdem die Gerüste abgebrochen sind?
Hey Joe, was ich bestenfalls vermag, ist die Erklärung des Titels:
Ferro Canto singt von dem Manne, der Ecke George Street und
Town Hall, Sydney, saß, und mit schweren Holzstöcken
auf eine Eisentrommel einschlug.
So vehement tat er's, als wäre die Trommel die
Verkörperung dessen, was ihn peinigt....
aber auch sein letzter eiserner Schutzpanzer.
Dabei stampfte er und schrie passierende Gaffmenschen an
und sprachbrüllte vom
"bissigen Spätherbst der weißglühenden Säue"
und verkündete, dass er, der er eigentlich ein froher Mensch sei,
gerne auch ein glücklicher geworden wäre; aber
dass es dazu hier und jetzt zu spät geworden sei.
Oh nein, kein Straßenmusikant mit schickem Protestlied oder
selbstgefälliger Verweigerung.
Nein, seine Töne waren finale Zeichen (Signale)
des Verzagens, Töne der Verzweiflung an einer stumpf-tumben
Menschenwelt im Scheitern.
Und von seiner Unfähigkeit sang er,
dieser Welt blitzsauber-konformes Lied mitzusingen.
Kein Verrückter, wie wir's gerne hätten;
eher einer im Prozess des Erkennens.
Eher einer, der - vom Dämon der Erkenntnis geritten -
dennoch zum Aufbruch bläst.
Frei nach J.H. (*) an J.H. (**)
Volker Heyn 1989
(*) Jimi Hendrix, aus dessen Song HEY JOE
(**) Josef Häusler, damaliger Redakteur für Neue Musik des SWF Baden-Baden