Jörg Herchet (*1943) abraum
Komposition für das Musiktheater 1995/96 Text: Jörg Milbradt
Soli: 13 Solisten – 3Spr – Frauenchor – 3.2.4.3 – 5.3.3.1. – Schl(7) – Hfe – Klav.Cel.Akk – Str / Bühnenmusik: Blfl.Git.
Uraufführung: Leipzig, 7. März 1997
AD: abendfüllend
Libretto: Jörg Milbradt nach Motiven aus Gerhart Hauptmanns „Und Pippa tanzt“
Ort und Zeit: Ein Dorf in der Lausitz, ein Herbstabend im Jahre 1987
Personen: Stefan, ein kunstinteressierter Fremder (Bariton) - Ein Chilene (Tenor) - Anna, seine Tochter (Sopran) - Dr. Reiniger, Leitungskader (Bariton) - Gustav Schwalm, Betriebsveteran (Bass) - Wirtin (Alt) - Der Alte (Tenor) - Seine vier Töchter (2 Soprane, Mezzosopran, Alt) - Die Schwarze Königin (Alt) - Drei Arbeiter (Sprechrollen) - Das Bildnis (Frauenchor SSAA) - Sanitäter, Unfallopfer, Polizisten, Arbeiter (stumme Rollen)
In einer Kneipe diskutieren Wirtin und Arbeiter über das kurz bevorstehende Abräumen des Dorfes, auf dessen Gebiet der Braunkohleabbau fortgesetzt werden soll. Hinzu kommen ein Chilene, der durch eine begehrte Wohnungszuweisung den Unmut der Arbeiter auf sich gezogen hat, der Betriebsveteran Gustav Schwalm sowie Dr. Reiniger auf dem Weg nach Berlin. Schließlich verirrt sich Stefan auf der Suche nach der hölzernen Madonna der Dorfkirche in die Kneipe. Traurig beginnt er auf seiner Flöte zu spielen, deren Klang Anna anlockt. Beide verlieben sich ineinander. Es kommt zu einer Schlägerei, aus der Stefan und Anna mit Hilfe des Alten gerade noch die Flucht gelingt. Der zweite Teil beginnt mit dem Aufräumen nach der Schlägerei. Stefan und Anna kommen hinzu. Gustav kann die Begierde nach Anna nicht mehr im Zaum halten, doch der Alte streckt ihn nieder. Nach einem Verkehrsunfall taumelt Reiniger in die Szene. Dem Fortschrittsglauben verfallen, läßt er die Erde aufreißen, der zunächst die Töchter des Alten in Sorbinnentracht entsteigen. Aus tieferen Schichten steigt die Schwarze Königin und schließlich das Bildnis hervor. Reiniger wird mitsamt den Arbeitern von den Maschinen verschluckt. Stefan, der Anna vergessen hat, erblindet beim Anblick des Bildnisses, und der Alte wird fortan zu seinem Wegführer.
Herchet beschreitet in „ABRAUM“ neue Wege im Bereich des Musiktheaters: es nimmt in reiner Szenerie seinen Ausgang und entwickelt sich über Schauspiel, Melodram, opernhafte Elemente und oratorische Bilder schließlich bis zur szenischen Erstarrung und zur reinen Orchestermusik. Von diesem Schlußteil existiert auch eine eigenständige Konzertfassung.
Nach dem Erfolg von Herchets Bühnenpremiere 1993 (Nachtwache) stellt die Leipziger Oper (1997) das Ergebnis der zweiten Zusammenarbeit vor - ein ungewöhnliches Werk, das in reiner Szenerie seinen Ausgang nimmt und sich über Schauspiel, Melodram, opernhafte Elemente und oratorische Bilder schließlich bis zur szenischen Erstarrung und zur reinen Orchestermusik entwickelt.
Bibliographie:
Herchet, Jörg: zur arbeit an der musiktheaterkomposition ABRAUM, in: Jahrbuch der Hochschule für Musik Dresden, 1997.
Sramek, Christoph: Eine eigene Welt. Gespräch mit Jörg Herchet über sein Werk „Abraum“, in: Neue Zeitschrift für Musik 1/1997, S. 48-50.
Herchet, Jörg: zur arbeit an „ABRAUM. komposition für das musiktheater“, in: „im lichtstrom versunken nun sonnenhaft“. Dokumente zum Schaffen des Dresdner Komponisten Jörg Herchet, hrsg. von Christoph Sramek, Altenburg: Kamprad 2013, S. 56–61.