Vielfältig sind die Möglichkeiten, den Bildungsweg eines Kindes schon im Vorschulalter anregend zu gestalten; alle Elemente, die der Formung der kindlichen Persönlichkeit dienen, sollten einbezogen werden. Namentlich der erste Zugang zu den Kunstgattungen kann gar nicht früh genug erfolgen, wobei gerade die Musik als starke gemeinschaftsbildende Kraft einen besonders wichtigen Faktor darstellt.

Ausgehend von der Freude am gemeinsamen Singen, am Hören oder Tanzen wird behutsam der Übergang zum bewußten Eindringen in die Musik und zur Aneignung erster musikalischer Fertigkeiten geschaffen, auf denen eine frühzeitige Instrumentalunterweisung aufbauen kann. Ausgangspunkt ist das vertraute, die Erlebniswelt des Kindes widerspiegelnde Liedgut, welches den Unterricht lebendig und inhaltlich konkreter macht und damit die notwendige Lernbereitschaft weckt. Tanz-, Spiel- und Kreislieder regen an, das spielerische und tänzerische Element organisch in den Unterricht einfließen zu lassen, um dem Bewegungsdrang der Kinder Rechnung zu tragen.

Gerade für Kinder, die das Spiel eines Blasinstrumentes erlernen, ist das Singen als unabdingbare Voraussetzung anzusehen – wichtige Fragen des Blasvorgangs wie Tonerzeugung, Tonqualität, Atemtechnik bzw. Atemzäsur und Tonvorstellungsvermögen kommen dem Singen so nahe, daß sie unmittelbar davon abgeleitet werden können. So sind Singen und Instrumentenspiel stets eng zu verflechten; die Anlage des vorliegenden Blockflötenspielbuches, welchem überwiegend Lieder zugrunde liegen, folgt diesem Unterrichtsweg, und es sollen ganz besonders die Liedmelodien mit unterlegten Texten immer wieder zum Singen anregen. Zur Schulung des Melodiebewußtseins sind die JA-LE-Tonsilben (eventuell in Verbindung mit den Handzeichen) eine wertvolle Hilfe, darum wurde in den Anfangskapiteln der JA-LE-Schlüssel eingetragen.

Vom Singen und Spielen der Kinderlieder führt der Weg zu kleinen Instrumentalstücken, die die Brücke zwischen textgebundener Musik und reiner Instrumentalkomposition bilden. Diese Spielstücke, die im letzten Drittel des Spielbuches einen breiteren Raum einnehmen, erweitern die Hörerfahrungen.

Um das Interesse am Musizieren stets wachzuhalten und die Musizierfreude zu fördern, ist der Stoff abwechslungsreich gestaltet – neben einstimmigen Liedern und der Überwindung bestimmter grifftechnischer Schwierigkeiten dienenden Übungen finden sich von Anfang an kleine Sätze, die ein zweites Instrument einbeziehen – sei es ein Rhythmusinstrument, eine zweite Sopranflöte, eine Altflöte oder auch das Klavier.

Das Zusammenspiel vertieft das Erlernte und vermittelt Sicherheit. Die Verwendung der Rhythmusinstrumente unterstützt ganz wesentlich die rhythmisch-metrische Arbeit, wobei die angegebenen Beispiele nur Vorschläge sind, die beliebig verändert werden können.

Das gesamte hier vorgelegte Spielmaterial umfaßt das Pensum für etwa ein Jahr und leitet damit vom allgemein für drei Monate festgelegten vorbereitenden Instrumentalunterricht im Vorschulalter (bis ca. S. 47) in die Zeit des ersten Unterrichtsjahres über. Die Grenzen sind fließend, und nur der Lehrer kann in Einschätzung der jeweiligen kindlichen Aufnahmefähigkeit das Übungstempo bestimmen – in diesem Sinne darf an seine Mitarbeit appelliert werden!

Für wertvolle methodische Anregungen ist unter anderen Frau Renate Thorbeck, Rostock, und Frau Silvia Tietz, Dresden, zu danken. Auch den Komponisten, die das Blockflötenbuch durch neue Spielstücke bereicherten, gebührt Dank.

Margot Hartwig-Schenk, Halle, im Frühjahr 1978