Seit Mitte der 80er Jahre beschäftigte mich die Idee, ein Stück für Fagott und Orchester zu schreiben, wobei in immerwiederkehrenden Momenten das Bild des Oskar aus der Blechtrommel vor mir auftauchte, welcher mit seinem alles durchdringenden Schrei sogar Glas zum Bersten bringen konnte.
Die hohen Lagen des Fagottes als Sinnbild von Singen oder eben auch Schreien - das faszinierte mich immer wieder aufs Neue.
Nach der Uraufführung des Frankfurter Liederbuches im September 1989 während der Frankfurter Feste, an welchem ich ebenfalls mit einer Produktion teilnehmen konnte, hatte ich die wundervolle Gelegenheit, mit dem Scharoun Ensemble zusammenarbeiten zu dürfen. Der Fagottist des Scharoun Ensembles, Stefan Schweigert, war ein interessierter Partner, um über den Plan einer Komposition für Fagott und Ensemble zu reden. Ein weiterer Mosaikstein in der Vorgeschichte dieser Unternehmung war meine Begegnung mit der Malerei von Richard Pousette-Dart, einem Künstler des abstrakten Expressionismus, dessen Werke ich im Februar 1993 im High Museum of Art in Atlanta erleben durfte. Wie schon so oft in meiner Arbeit, so wurde ich auch diesmal von Malerei, in diesem Falle von dem Bild Seasons of Light von Pousette-Dart, zu einer Komposition stimuliert, wobei die Anregung, wie auch schon bei Chagall, WOLS oder Beuys, nicht vom Gegenständlichen, Visuellen, Sichtbaren ausging, sondern wieder als eine Art Transformierung von Gedanken, Gefühlen, Formen, Farben, Metaphern in solch für mich wichtige Arbeits-Begriffe wie Klang, Linie, Gesang, Stille, Dramaturgie, Kommunikation, Vision, Schein etc. ablief. Nicht das Sichtbare, (An-)Faßbare, Konkrete interessiert mich bei der Umsetzung solch inspirativer Quellen, eher das Verborgene, Unaussprechliche, das In-den-Zeilen-Stehende bringt mich auf den Weg, in das Ohr...
(Bernd Franke)


CD:
David Petersen (Fagott), Gewandhausoktett
CD BMG 74321 73553 2