Nicolaus A. Huber (*1939) ALGOL
Nachspiel zu „AION“ (1968/72) für Klavier (mit Luftzeichnung und Maultrommel) [Klav] 2019 Dauer: 14'
Uraufführung: Hannover, 6. Dezember 2019
ALGOL soll trotz des Untertitels nicht zusammen mit dem Tonbandstück AION im selben Programm gespielt werden.
16 Seiten | 25 x 32 cm | 102 g | ISMN: 979-0-004-18838-5 | geheftet
Seit geraumer Zeit beschäftige ich mich mit Möglichkeiten der Analogien zwischen Quantenverhalten und harmonischen Tonkonzeptionen. 1968 komponierte ich das Tonbandstück AION, dessen thematische Grundlage C. G. Jungs Archetypenlehre war, d. h. alles, was auf archetypischen Energieprozessen beruht, ist „tonal“. Für Nono war Tonalität, überwölbend gedacht, das „Problem Einheit“.
Diese radikale Selbst- und Komponierkritik ist lange her. Umso elektrisierter war ich, als ich vor kurzer Zeit der Briefwechsel zwischen Wolfgang Pauli und C. G. Jung (1932–1958) las. Der Quantenphysiker Pauli betrachtete die Jungsche Archetypenlehre aus der Welt der Quantenphysik. Er prägte sogar den Begriff der „Hintergrund-Physik“, archetypisch generiertes Denken. Die Nicht-Lokalität und die Wahrscheinlichkeitswelle, kein spezifischer Ort, Synchronizität als akausal, aber sinnergebend gedacht, kein losgelöster Beobachter bei Messungen usw. – plötzlich ineinandergreifende Welten!
In diesem Buch taucht auch der Name Algol auf. Aus dem Arabischen al-gul (= der Dämon) kommend, bezeichnet dies ein Doppelsternsystem verschiedener Helligkeit, um das ein dritter Stern kreist. Im Sternbild Perseus sich befindend, sieht man einen veränderlichen Stern, dessen Helligkeit periodisch schwankt, ein „Teufelsstern“.
In dieser brodelnden Energiewelt, die plötzlich und völlig unvermutet in mir aufbrach, habe ich das Stück für Klavier, als Nachspiel zu meinem AION komponiert. Ich wusste schon damals, dass Archetypen nicht überwunden werden können, das Bewusstsein jedoch eine Art von Distanz schaffen kann. Nun ein Solo-Flugspiel wie mit einer VR-Brille ...
(Nicolaus A. Huber, 2019)