Nicolaus A. Huber (*1939) Blanco y Verde
[Fl,Klar] 2018 Dauer: 9'30"
Uraufführung: Darmstadt, 20. Juni 2018
12 Seiten | 27 x 36 cm | 106 g | ISMN: 979-0-004-18762-3 | geheftet
Blanco y Verde ist für Große Flöte und Klarinette in B geschrieben, ohne jeglichen Instrumentenwechsel. Der Titel selbst stammt von Carmen Herrera, die mehrere großformatige Bilder dazu Ende der 50er Jahre gemalt hat. Es sind durchweg architektonisch abstrakte Malweisen mit zwei Farben – in diesem Fall Weiß und Grün. Beide Farben faszinieren mich schon sehr lange! Weiß war die Farbe von Mallarmé, in die er Wörter setzte, wie später Satie seine Notenpunkte. Und Grün – „le rayon vert“ – ist die Farbe einer rätselhaften Installation von Marcel Duchamp zu einer Surrealismusausstellung in Paris 1947.
Das Verrückte an der Farbe Grün ist deren Beziehungsmöglichkeit zur Musik, denn wir sehen Grün nur, wenn 5 Photonen pro Sekunde in unser Auge wandern. Das ist eine einfache Quintole auf 1 Viertel = 60.
Deswegen spielt in meinem Stück die „5“ eine besondere Rolle – nicht nur pro Sekunde! Und noch etwas Seltsames gibt es in diesem Stück – die Proportion 1:2 oder 1:4 bzw. 1:8. Es ist die Oktave, die Töne so verdoppelt, dass diese sowohl verschmelzen können als auch Selbständigkeit oder gar Unabhängigkeit zeigen, ja dann daraus sogar mikrotonal die Oktave dehnen und krümmen können. Als „Ich-Intervall par excellence“, „der inneren Aufrechtbewegung“ verifiziert Hermann Pfrogner dieses rätselhafte Verhältnis, bevor die Saitenteilungen zu Quinte und Quarte fortschreiten.
Mein Duo birgt also eine Zweiheit von besonderer Art. Jede Zweiheit kann zu einer 1, einer neuen Einheit werden, dem eine neue 2 zufällt. Eigentlich eine freie, ja unendliche Wachstumsstruktur. Darin blicken manche Töne zurück, wie quantenverschränkt, und unser Wahrnehmungsorgan verwundert sich über Abstände und Strecken, die gleichzeitig instantan, ohne Abstände und Strecken sind und noch die Wahrscheinlichkeitswelle des Ortes verkraften muss. Quantenfarben – blanco y verde?
(Nicolaus A. Huber, Februar 2018)
„Strukturell gleichermaßen fassliche wie verrätselte Expressivität. Jedes klingende Detail erscheint maximal exponiert.“
(Michael Zwenzner, neue musikzeitung)
„Eine Bereicherung des Repertoires für zwei Holzblasinstrumente und zugleich eine ausgezeichnete Begegnungsmöglichkeit mit dem Werk eines der einflussreichsten deutschen Komponisten seiner Generation. Fortgeschrittenen Spieler*innen mit Erfahrung im Umgang mit zeitgenössischer Musik kann das Stück nur empfohlen werden.“
(Christian Kemper, rohrblatt)