César Cui (1835–1918) 4 Klavierstücke op. 22
[Klav] 1883
Die „Quatre Morceaux pour Piano“ spiegeln das Flair der Petersburger Salons wider, Genrebildern westlich orientierter russischer Musik: voll Melodienseligkeit und geprägt vom Überschwang der Gefühle sind sie eine echte Bereicherung des Klavierrepertoires.
28 Seiten | 23 x 30,5 cm | 105 g | ISMN: 979-0-004-17509-5 | Broschur
Cesar Antonowitsch Cui wurde 1835 in Wilna geboren und starb 1918 im betagten Alter von 83 Jahren in Petrograd, dem heutigen Leningrad. Sein Vater war ein französischer Offizier, der beim Rußlandfeldzug Napoleons im Lande verblieb, sich mit einer Litauerin vermählte und als Französisch-Lehrer am Wilnaer Gymnasium tätig war. Etwa zwölf bis vierzehnjährig begann sein Sohn Cesar Cui, Klavierstücke zu komponieren, welche die Aufmerksamkeit des Stanislaw Moniuszko erregten und dem Knaben Unterricht in Musiktheorie einbrachten. 1851 – sechzehnjährig – kam Cesar auf die Ingenieurschule in St. Petersburg, wodurch zwangsläufig der Musikunterricht abgebrochen wurde. 1855 wechselte er auf die Militär-Ingenieur-Akademie, 1858 wurde er dort zum Professor für Befestigungskunst ernannt.
Cesar Cui veröffentlichte verschiedene, in Fachkreisen anerkannte Schriften über Militär-Ingenieur-Wesen, bis er im Range eines Generalleutnants seinen Dienst quittierte, um sich ganz der Musik zu widmen. Cui ging in die Musikgeschichte durch seine Zugehörigkeit zur Gruppe des mächtigen Häufleins ein (Borodin, Mussorgskij, Rimskij-Korsakow); zweifellos ist er jedoch sein schwächstes Glied. Er komponierte – mit oft geringem Erfolg – bis in sein hohes Alter vorwiegend Klaviermusik (die teilweise später orchestriert wurde), viele Klavier-Lieder, drei Streichquartette, zehn Opern und drei Kammeropern für Kinder. Daneben betätigte er sich bis zur Jahrhundertwende als Musikkritiker und veröffentlichte 1881 in französischer Sprache u. a. das Buch La musique en Russie. Fast alle seine Werke sind heute vergessen, zumal die meisten die Originalität seiner Komponisten-Kollegen Borodin, Mussorgskij und Rimskij-Korsakow vermissen lassen. Noch 1952 meinte Gerald Abraham (MGG, Bd.2, Sp. 1821, Kassel 1952): Seine Klavierstücke sind höchstens als geschmackvolle Salonmusik anzusprechen. Zweifellos standen die Werke Chopins, aber auch die großen Vorbilder Schumann und Liszt, Pate bei seinen Kompositionen. Dennoch sollten wir heute seine Kompositionen unter dem verständnisvolleren Gesichtspunkt einer Wiederentdeckung von Musik des 19. Jahrhunderts betrachten. Cuis hier vorgelegten Quatre Morceaux pour Piano aus dem Jahre 1883 opus 22 spiegeln das Flair des Petersburger Salons wider; in ihnen vermischen sich Einflüsse von französischer und deutscher Klaviermusik zu Genrebildern westlich orientierter russischer Musik.
Sie sind voller Melodienseligkeit, geprägt vom Überschwang der Gefühle und waren dankbares Spielgut für die klavierspielende höhere Tochter aus gutem Hause. Kein Wunder, daß diese Stücke über den Verlag Bessel in Petersburg rasch ihren Weg nach Westeuropa nahmen, wo sie Breitkopf & Härtel – in Koproduktion mit Bessel – vertrieben hatte. Die jetzige Neuausgabe fußt auf dieser Erst-Edition. Ihre neue Sichtung im Gefolge unserer heutigen Nostalgieströmung wird sicherlich zu einer positiveren Bewertung dieser Musik führen.
Wiesbaden, Sommer 1981