Johannes Brahms (1833–1897) Balladen op. 10
Urtext nach der Brahms-Gesamtausgabe der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien herausgegeben von Gerd Sievers [Klav]
28 Seiten | 23 x 30,5 cm | 133 g | ISMN: 979-0-004-16548-5 | Broschur
1. Andante (nach der schottischen Ballade "Edward") |
2. Andante |
3. Intermezzo: Allegro |
4. Andante con moto |
Im Frühjahr 1854 machte Brahms die Bekanntschaft von Julius Allgeyer, einem angehenden Kupferstechkünstler, der bei Josef Keller in Düsseldorf studierte. Durch ihn, den vier Jahre Älteren, lernte Brahms Johann Gottfried Herders Sammlung „Stimmen der Völker in Liedern“ kennen und damit auch die „Edward"-Ballade, die dem Komponisten die Anregung zu der Ballade op.10/1 geben sollte (wie auch zu „Murrays Ermordung", op. 14/2). Seine bleibende Dankbarkeit bewies der Komponist, indem er 1877, nahezu ein Vierteljahrhundert später, „Seinem Freunde Julius Allgeyer“ sein Opus 75 zueignete, seine „Balladen und Romanzen für zwei Singstimmen und Klavier“, deren erste, „Edward“, für Alt und Tenor, „Schottische Ballade. Aus Herders Volksliedern“ benannt ist. Aber nicht nur Dankbarkeit gegenüber Allgeyer drückt sich hierin aus, sondern auch die Bedeutung, die diese Volksliedersammlung zeitlebens für den Komponisten besaß: sie befand sich ständig in seiner Reichweite - wie die Bibel.
Brahms widmete seine vier Balladen op. 10 Julius Otto Grimm zu dessen Verlobung mit Philippine Bitmüller, der Tochter des Göttinger Klavierfabrikanten (dessen „englische“ Flügel Hans von Bülow schätzte). Der Verlag Bartholf Senff in Leipzig, dem Brahms die Balladen anbot, lehnte sie ab. Dank der Vermittlung Clara Schumanns erklärte sich der Verlag Breitkopf & Härtel in Leipzig am 25. Oktober 1855 bereit, das Werk zu einem Honorar von 8 Louisdors, wie Clara Schumann vorgeschlagen hatte, anzunehmen. Am 29. Februar 1856 hielt Brahms das gedruckte Exemplar in Händen.
Unter dem Gattungsbegriff „Ballade“ versteht man in der Literatur des 19. Jahrhunderts ein episches, also ein erzählendes Gedicht dramatischen Inhalts meist volkstümlicher Herkunft. Typisch hierfür ist die „Edward“-Ballade aus Herders Sammlung.
Gerd Sievers, Sommer 1983