Jörg Birkenkötter (*1963) 4 Stücke für Ensemble
Prelude – Canto I – Intermezzo: 'Doubles (a2)' – Canto II [KamEns] 1996 Dauer: 14'
Fl(Picc).Ob(Eh).2Klar(B-Klar).Fg – Hn.Trp.Pos – Schl(2) – Klav – 2Vl.Va.Vc.Kb
Uraufführung: Melbourne, 27. Oktober 1996
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Prelude für Ensemble - Canto I für Klavier, Bläserquintett, Streichtrio und Schlagzeug - Intermezzo: "Doubles (à2)" für Klarinette und Baßklarinette - Canto II für Ensemble
Die Stücke sind eine Umarbeitung meiner Vier Stücke für Akkordeon. Berührungspunkt bzw. Ausgangspunkt für die Ensemblefassung ist die Idee des Akkordeons als Blasinstrument, also Balglänge = Atemlänge, und die Analogie von Balg öffnen / schließen und Streicher-Ab / Aufstrich.
Dies aber nur als Einstieg für mich. Von dort aus verselbständigt sich die Ensemble-Idee (bis hin zum "solistischen" Klarinetten-Duo): also nicht einfache Instrumentierung, sondern Um- und Neuformulierung, quasi Rückgriff "mit Blick nach vorn".
Allen Stücken gemeinsam ist der Versuch, jeweils von einer "quasi objektiven", also nicht von mir erfundenen, ja eigentlich nicht einmal individuell besonders ausformulierten Tonhöhenvorordnung auszugehen.
So ergibt sich das Tonhöhenmaterial des ersten und vierten Stückes durch mehrfache Spiegelung eines Allintervallakkords.
Im zweiten und dritten Stück werden diese Intervallqualitäten nach innen gekehrt und zum Cluster bzw. zu Skalenausschnitten eingeebnet.
Diese Vorordnungen werden nun von der Musik auf immer andere Weise durchlaufen, abgetastet, ausgehorcht, wobei besonders die Instrumentalbehandlung versucht, die Aufmerksamkeit vom Tonhöhensatz weg auf andere Wahrnehmungsbereiche zu lenken, d.h. ein eigenes Netz von Beziehungen, Klangabstufungs- und Umformungsprozessen zu entwickeln und dadurch die "Objektivität" der Vorordnungen aufzubrechen. (z.B. bringen subjektive Lagen der Instrumente Körperlichkeit ins Spiel usw.)
Es handelt sich also um den Versuch, innerhalb eines eng abgesteckten Rahmens eine möglichst große Skala von Ausdrucksebenen zu schaffen, vom "atemlos" drängenden ersten (vergl. Chopins Prélude op.28, 1) über den fast erstarrten Zustand des zweiten, das halsbrecherische, dabei ständig in sich selbst rotierende "Umschiffen" griff- und atemtechnischer Klippen im dritten bis hin zum "leise singend" beginnenden vierten Stück.
Neben diesem emotionalen Wahrnehmen bzw. in gegenseitiger Abhängigkeit ist aber immer auch ein reflektierendes Hören intendiert. In diesem Sinn beziehen sich die Stücke -besonders deutlich hörbar im ersten- auch auf eine Technik Beethovens (Bagatelle op.119, VII): Ein Stück ist zu Ende, wenn ein Gedankengang zu Ende geführt ist.
Im zweiten Stück variieren die an der Klangoberfläche eher starren Klavier-"Melodien" bei jeder Wiederholung geringfügig Anzahl und Reihenfolge ihrer Töne und die Dauern der Pausen und lenken so das Hören weg vom momentanen klanglichen Direkteindruck auf die entstehenden "formalen Schwebungen".
Die Stücke sind also auch innerhalb (scheinbar) vertrauten Klangmaterials immer horchend auf der Suche nach anderen, neuen Sensibilitäten.
(Jörg Birkenkötter)