Arnold Mendelssohn (1855–1933)
Mit der intensiven Auseinandersetzung mit der Musik früherer Epochen befand sich Arnold Mendelssohn in bester Familientradition: Er war Neffe zweiten Grades von Felix Mendelssohn Bartholdy, der 1827 Bachs Matthäus-Passion erstmals wieder aufgeführt ...
... und damit eine Bach-Renaissance ausgelöst hatte. Seinen berühmten Onkel Felix hat Arnold Mendelssohn allerdings nie kennengelernt. Er wurde erst acht Jahre nach dessen Tod geboren, 1855 im schlesischen Ratibor, als ältestes von fünf Kindern. Früh zeigte er musikalische und intellektuelle Begabung, und noch während der Schulzeit entstanden erste Kompositionen. Nach einem abgebrochenen Jura-Studium begann er 1876 seine kirchenmusikalische und kompositorische Ausbildung in Berlin. Mit der ersten Anstellung als Organist und Chordirigent bei der evangelischen Kirchengemeinde in Bonn sollten künstlerische Freundschaften einhergehen, die ganz entscheidend waren für seinen Lebensweg: Im Dreierbündnis mit den Theologen und Musikkennern Friedrich Spitta und Julius Smend entstand der Anstoß zur Wiederaufführung der Werke von Heinrich Schütz, die tiefe Spuren in Mendelssohns Musikverständnis hinterließen.
Es folgten Jahre als Musikdirektor, Theorie- und Orgellehrer in Bielefeld und Köln, wo er sich mit Engelbert Humperdinck, Hugo Wolf und dem Librettisten Hermann Wette austauschte. Die letzte Station in Mendelssohns Leben war Darmstadt. Hier wirkte er seit 1891 fast 35 Jahre lang als Kirchenmusikmeister der hessischen Landeskirche. Er war verantwortlich für Fragen des Orgelbaus und der Orgelpflege sowie für die Fortbildung der Kirchenmusiker des Landes. Ab 1912 lehrte er zusätzlich in Frankfurt am Main am Dr. Hoch'schen Konservatorium, wo der junge Paul Hindemith zu seinen Schülern zählte. Für seine künstlerische und pädagogische Arbeit wurden ihm zahlreiche Preise, Auszeichnungen und Ehrungen zuteil ein Ruhm, der mit seinem Tod im Februar 1933 verblasste. Nach der Machtübernahme der Nazis verschwand die Musik Arnold Mendelssohns, dessen Familie jüdische Wurzeln hatte, für etliche Jahre von der Bildfläche und aus dem öffentlichen Bewusstsein.
(Doris Blaich, aus dem Booklet zu „Arnold Mendelssohn - Motetten / Deutsche Messe“, CD hänssler CLASSIC, 2012)