Kurt Atterberg (1887–1974)
Kurt Atterberg ist der namhafteste Symphoniker in der zweiten Generation der schwedischen Spätromantik – ein würdiger Nachfolger von Wilhelm Stenhammar und Hugo Alfvén.
1887
Am 12. Dezember wird Kurt Atterberg in Göteborg als Sohn des Ingenieurs und Erfinders Anders Johan Atterberg und Elvira Uddman geboren, deren Vater ein ausgezeichneter Opernsänger war.
um 1895
Begeistert von Beethovens in Moll stehenden Sonaten, Griegs großer e-Moll-Sonate und den "Erotikon"-Stücken von Emil Sjögren soll Atterberg im Alter von sieben Jahren, gleich seiner älteren Schwester, das Klavierspiel erlernen: "aber das gehörte sich nicht für einen Kerl, und so weinte ich, bis ich nicht mehr konnte."
1902
Atterberg beginnt mit dem Violoncellospiel, besessen von Beethovens Quartett op. 59/2, das er in einem Konzert des Brüsseler Streichquartetts hört. Dieses Erlebnis bezeichnet zugleich den Ausgangspunkt für eigene kammermusikalische Aktivitäten.
1905
Er erhält Unterricht von Adolf Cords (Cellist im Sinfonieorchester Göteborg) und unternimmt den ersten ernst zu nehmenden Kompositionsversuch: einen Satz für Cello solo.
1907
Nach dem Schulabschluss nimmt Atterberg zunächst neben Konzertstücken und Sonatensätzen auch ein Streichquartett in Angriff. Im Herbst beginnt er mit dem Studium der Elektrotechnik an der Technischen Hochschule Stockholm.
1908
Tor Aulin fordert Atterberg zum Eintritt in die angesehene Mazérska Quartettgesellschaft und zur Mitwirkung im Orchester der Konzertvereinigung (dem Vorläufer des Philharmonischen Orchesters Stockholm) auf.
1908/09
Es entstehen die Rhapsodie für Klavier und Orchester op. 1 und das Streichquartett op. 2, die Arbeit an der Sinfonie Nr. 1 wird aufgenommen.
1910
Atterberg entwirft seine Sinfonie Nr. 1 h-Moll op. 3 und wird Kompositionsschüler von Andreas Hallén am Musikkonservatorium.)
1911
Bereits im Alter von 24 Jahren erhält er ein staatliches Kompositionsstipendium. Im Sommer unternimmt Atterberg eine Studienreise nach München; im Dezember erhält er das Diplom als Ingenieur. Es entsteht die Konzertouvertüre op. 4; die Arbeit an der Sinfonie Nr. 2 F-Dur op. 6 wird aufgenommen.
1912
Am 10. Januar feiert Atterberg seinen ersten öffentlichen Auftritt als Dirigent anläßlich eines Sinfoniekonzerts in Göteborg. An diesem Abend leitet er selbst die Uraufführung seiner Konzertouvertüre und der 1. Sinfonie. Trotz glänzender Aussichten als Komponist tritt Atterberg am 16. Mai in das Schwedische Patentamt ein - eine Arbeit, die ihm zeitlebens ökonomische Sorgen fernhalten soll. Im Herbst begibt er sich auf eine Studienfahrt nach Berlin; im De¬zember wird die 2. Sinfonie (zweisätzige Version) in Göteborg uraufgeführt.
1913
Violinkonzert op. 7 und Bühnenmusik zu "Jefta" (Suite Nr. 1) für das Dramatische Theater Stockholm. Mit dem nachkomponierten Finale wird die 2. Sinfonie in Sondershausen aufgeführt Eine weitere Auslandsreise führt Atterberg nach Berlin und Stuttgart
1914
Der erste Versuch, eine schwedische Komponistenvereinigung zu gründen, schlägt fehl, Bühnenmusik zu "Hamlet"; Requiem op. 8.
1915
Bühnenmusik zu "Mats och Petter" (Suite Nr. 2). Atterberg heiratet die Pianistin Ella Peterson (1923 Scheidung).
1916
Nach zwei Jahren Arbeit vollendet Atterberg seine Sinfonie Nr. 3 D-Dur op. 10"Västkustbilder" (Westküstenbilder), in die er verschiedene Volksliedmelodien aufnimmt. Streichquartett h-Moll op. 11.
1917
Bühnenmusik zu Maeterlincks "Syster Beatrice" (Suite Nr. 3 op. 19/1). Am 30. November dirigiert Atterberg erstmals die Berliner Philharmoniker in einem Konzert mit eigenen Werken.
1918
Atterberg vollendet seine erste Oper "Härvard Harpolekare" op. 12; Sinfonie Nr. 4 g-Moll op. 14 (Sinfonia piccola); am 23. November wird unter seiner Mitwirkung FST ("Föreningen Svenska Tonsättare") gegründet.
1919
Arthur Nikisch und Richard Strauss führen die 2. Sinfonie in Leipzig und Berlin auf. Atterberg selbst leitet ein weiteres Konzert mit den Berliner Philharmonikern. In den folgenden 20 Jahren dirigiert er im Ausland neben seinen eigenen auch zahlreiche Werke anderer schwedischer Komponisten. Im Herbst beginnt Atterberg seine ausgedehnte Tätigkeit als Musikkritiker bei "Stockholms-Tidningen", die er bis 1957 ausübt.
1920
"De fåvitska jungfrurna" op. 17 wird am 18. November vom Schwedischen Ballett in Paris uraufgeführt. Bühnenmusik zu "Turandot" (= Suite Nr. 4 op. 19/2).
1921
Bühnenmusik zu Shakespeares "Sturm". Konzerte in Wien und Berlin.
1922
Sinfonie Nr. 5 d-Moll op. 20 ("Sinfonia funebre") und Violoncellokonzert c-Moll op. 21 (beide Werke werden 1923 in Berlin uraufgeführt), Bühnenmusik zu Shakespeares Ein Wintermärchen (Suite Nr. 5 "Suite barocco" op. 23). Kurt Atterberg gelingt in Deutschland der Durchbruch mit seiner 3. und 4. Sinfonie. Vorbereitungen zur Gründung von STIM ("Svenska tonsättares internationella musikbyrå"), der schwedischen Gesellschaft für musikalische Aufführungsrechte (GEMA).
1923
Die von Atterberg ausgearbeiteten Statuten des STIM werden von FST angenommen. Er wird von der Stockholmer Konzertvereinigung engagiert und regt in "Stockholms-Tidningen" Opernaufführungen im Schloßtheater Drottningholm an.
1924
Atterberg wird zum Präsidenten von STIM und FST gewählt - Positionen, die er bis 1943 und 1947 innehat.
1925
Uraufführung der dreiaktigen Oper "Bäckahästen" op. 24 (23. Januar). Bühnenmusik zu Fleckers Hassan (Suite Nr. 6 "Orientalisk legend" op. 30). Mit der Chorballade "Sängen" op. 25 erringt Atterberg den 1. Preis bei einem Kompositionswettbewerb anlässlich der Einweihung des Konzerthauses (April 1926); das "Rondeau rétrospectif" op. 26 wird mit dem 3. Preis geehrt. Atterberg heiratet Margareta Dalsjö (gest. 1962).
1926
Bühnenmusik zu Shakespeares "Antonius und Cleopatra" (Suite Nr. 7 op. 29). Atterberg wird zum Mitglied der Königlichen Musikakademie gewählt.
1927
Uraufführung des Hornkonzerts A-Dur op. 28 am 20. März in Stockholm. Atterberg komponiert weitere Bühnenmusiken und beginnt die Arbeit an der 6. Sinfonie.
1928
Mit seiner Sinfonie Nr. 6 C-Dur op. 31, die später den Beinamen "Dollar-Sinfonie" erhält, gewinnt Atterberg den anläßlich der Schubert-Zentenarfeier weltweit ausgeschriebenen Sinfonien-Wettbewerb der Schallplattenfirma Columbia. Das Werk wird am 15. Oktober in Köln unter Hermann Abendroth mit großem Erfolg uraufgeführt. Chorballade "Sverige" op. 32.
1929
Sinfonische Dichtung "Älven - från fjällen till havet" op. 33.
1932
Suite Nr. 8 "Pastoralsvit" op. 34.g
1933
"En Värmladsrapsodi" op. 36 zu Selma Lagerlöfs 75. Geburtstag.
1934
Am 27. Januar hat die zwischen 1929 und 1932 entstandene dreiaktige Oper Fanal op. 35 in Stockholm Premiere. Atterberg wird Mitglied im staatlichen Kulturrat.
1935
Konzerte in Paris und Wiesbaden mit schwedischer Musik. Atterberg wird Generalsekretär des CISAC ("Conseils Permanent par la Operation International des Compositeurs") und übt dieses Amt bis 1938 aus.
1936
Ballade und Passacaglia op. 38. Uraufführung des Klavierkonzerts b-Moll op. 37, an dem Atterberg zwischen 1927 und 1935 arbeitete. Nach verschiedenen Beförderungen wird Atterberg Abteilungsleiter im Patentamt.
1937-39
Atterberg hat im Rahmen seiner Tätigkeit bei der CISAC zahlreiche Verpflichtungen zu erfüllen (Konferenzen und Musikfeste), die ihn durch ganz Westeuropa führen. In diesen Jahren entstehen neben der dreiaktigen Oper "Alladin" nur noch einige kleinformatige Kompositionen und Bearbeitungen.
1940
Sekretär der Königlichen Musikakademie (bis 1953).
1941
Uraufführung von "Alladin" op. 43 in Stockholm (18. März); deutsche Premiere am 18. Oktober in Chemnitz.
1942
Sinfonie Nr. 7 "Sinfonia romantica" op. 45. Sie wird von Hermann Abendroth in Frankfurt uraufgeführt.
1943
Atterberg schreibt ein Buch anlässlich des 25jährigen Bestehens von FST.
1944
8. Sinfonie op. 48.
1947
Atterberg beginnt seine "Erinnerungen" zu schreiben, die er 1970 abschließt (ungedruckt).
1948
Mit der 1946/47 komponierten dreiaktigen Oper "Stormen" gewinnt Atterberg den 1. Preis des Wettbewerbs anläßlich des 25jährigen Jubiläums des Opernhauses.
1950
Uraufführung der "Indian Tunes" op. 51 in Indianapolis.
1953
Streichquintett op. 53.
1955/56
Sinfonie Nr. 9 "Sinfonia visionaria" op. 54 für Soli, Chor und Orchester.
1960
Doppelkonzert für Violine und Cello mit Streichorchester op. 57.
1962
"Vittorioso" op. 58.
1965
Radioübertragung der Bearbeitung von Ture Rangströms "Ver Sacrum" mit Atterberg als Cellist.
1967
Es entsteht die letzte Komposition "Adagio Amoroso". Atterberg dirigiert eine Schallplatteneinspielung seiner Suiten Nr. 5 und Nr. 8.
1968
Nach 56 Jahren Dienst im Patentamt tritt Atterberg im Alter von 81 (!) Jahren in den Ruhestand.
1974
Atterberg stirbt am 15. Februar in Stockholm.
(Michael Kube, aus Booklets zu Atterberg-CDs, cpo)