Hermann Zilcher (1881–1948)
Zilcher begann sein kompositorisches Werk bereits als junger Schüler am Hoch'schen Konservatorium in seiner Vaterstadt Frankfurt am Main. Ab 1901 wirkte er einige Jahre in Berlin, bevor er für kurze Zeit als Klavierlehrer nach Frankfurt zurückkehrte.
Bedeutende Jahre seiner künstlerischen Entwicklung verbrachte er darauf in München, wohin ihn 1908 Felix Mottl an seine renommierte Akademie der Tonkunst als Pianist, ab 1916 zusätzlich als Lehrer für Komposition, berufen hatte. In diesen Münchner Jahren entstanden mit der in der Kritik umstrittenen „Liebesmesse“ op. 27, dem „Deutschen Volksliederspiel“ op. 32, den Liederzyklen nach Texten von Eichendorff, Hölderlin und Goethe oder der ersten Sinfonie A-Dur op. 1 große Werke.
Besonders verbunden ist der Name Hermann Zilchers aber mit Würzburg und dem von ihm dort gegründeten Mozartfest. 1920 hatte er die Leitung des Würzburger Staatskonservatoriums übernommen, und seine vielfältigen kompositorischen und dirigentischen Aktivitäten seitdem zeugen von neu entfachtem Schaffensdrang. Dabei ist für seine musikalische Haltung neben der Verehrung für Schumann und Brahms zunehmend auch sein Rückgriff auf Techniken des 18. Jahrhunderts in Werken wie der Rokoko-Suite „An den Menschen“ op. 65, der Rameau-Suite op. 76 und den Variationen über ein Thema von Mozart für Klavier op. 101 charakteristisch.
In der Beschäftigung mit der Tonsprache des humanen, aufgeklärten Zeitalters spiegelt sich ein Wesenszug Zilchers wider, der auch als innerste Begründung des 1922 ins Leben gerufenen Würzburger Mozartfestes verstanden werden muss: Gefühlstiefe und Empfindungsreichtum im Gegensatz zu dem Zilcher fremden, rein sachlichen oder experimentellen Zugang zur Musik, wie er sich in den Hauptströmungen des beginnenden 20. Jahrhunderts mit Atonalität und Motorik manifestierte und von ihm mit dem Wort „Eisenbetongeist“ abgelehnt wurde.
Nach seinem letzten Mozartfest 1944, nachdem das Konservatoriumsgebäude zerstört war und er in den Nachkriegsjahren des Opportunismus beschuldigt worden war, war Zilchers Schaffenskraft endgültig gebrochen. Er starb in der Neujahrsnacht 1948.
(Martina Hochreiter, aus dem Booklet zu „Musik des XX. Jahrhunderts für Bläserquintett“, CD MP Media, 1999)